Krankes Gesundheitssystem - Teil 6
Vor allem im ländlich geprägten Raum ist der Fachkräftemangel gravierend. Doch seit nunmehr rund 15 Jahren zeichnet sich ein Trend ab, der die medizinische Verödung ganzer Landstriche aufhalten soll: Krankenhäuser und Praxen rekrutieren immer mehr Ärzte aus dem Ausland. Laut Deutschlandfunk ist allein in Sachsen der Anteil ausländischer Ärzte in den vergangenen zehn Jahren um gut 70 Prozent gestiegen. »Ärzte und Pflegekräfte mit Migrationshintergrund stellen ein wichtiges Beschäftigungspotenzial für unsere Versorgung dar«, sagte im Jahr 2011 bereits der damalige Geschäftsführer des Lausitzer Seenland Klinikums, Andreas Grahlemann. Grund sei der zunehmende Ärztemangel, aber auch das Fachkräftedefizit in der Pflege. Dies gelte für das Lausitzer Seenland Klinikum ebenso wie im bundesweiten Vergleich. Eine Entwicklung, die trotz Hürden, wie einer verpflichtenden Sprach- und Medizinprüfung, an Fahrt aufnimmt. Trotz einer Prüfungs-Durchfallquote von mehr als 50 Prozent, beim ersten Versuch. Die Krux: Diese Prüfung ist nicht bundeseinheitlich geregelt und kann beliebig oft wiederholt werden. Dazu äußerte sich Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbund-Landesverbandes Westfalen-Lippe im Ärzteblatt: »Das deutsche Gesundheitssystem brauche die Zuwanderung der ausländischen Kollegen dringend. Für eine Integration in das Gesundheitssystem, die eine Patientenversorgung auf bewährtem Niveau garantiert, seien aber Sprachkenntnisse erforderlich, die auch medizinisches Fachwissen und die Selbstverwaltung umfassen.« In einer Brandenburger Diskussionsrunde unter Fachleuten stellte man sich die Frage: »Warum kommen überhaupt die ausländischen Ärzte in die deutschen Provinzen? Haben die mehr Herz als unsere deutschen Ärzte oder bekommen sie eine ‚Buschzulage‘«? Amtsarzt Dr. Klaus Bethke aus dem OSL-Kreis findet es sogar »schäbig, dass hochmotivierte Tschechen ihr Land verlassen, weil es hier mehr Geld gibt. Jeder polnische, rumänische, tschechische Arzt, der zu uns kommt, schädigt damit sein eigenes Land. Wir reißen eine Lücke in das Gesundheitssystem des jeweiligen ausländischen Staates, wenn wir deren Fachkräfte abwerben.« Und Dr. Bethke hat auch direkt einen Lösungsvorschlag für das Dilemma parat: »Was ist denn, wenn wir sagen: Ihr Medizinstudenten habt eure Ausbildung durch den Steuerzahler finanziert bekommen, jetzt bleibt ihr die ersten vier Jahre nach eurer Ausbildung erst mal im ländlichen Raum.« Ein Vorschlag, der in der Diskussionsrunde auf breite Zustimmung gestoßen ist - doch, und da waren sich die anwesenden Fachleute einig, es muss eine politische Entscheidung her. Und das wird schwierig, weiß Dipl.-Ing. oec. (TU) Andreas Bernhardt, Geschäftsführer der Medizinischen Einrichtungs-GmbH Senftenberg: »Ich habe erst kürzlich mit unserem Gesundheitsminister Spahn gesprochen. Und was hat der mir gesagt? `Wir brauchen mehr Ärzte. ` Aha. Das hat mir im Jahr 2004 auch schon Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gesagt. Es wird immer nur geredet, aber es passiert einfach nichts. Warum? Weil in der Politik immer nur an den kleinen Rädchen gedreht wird. An die großen Räder traut sich niemand ran, weil das Wählerstimmen kosten könnte. In Berlin müsste es einen Zulassungsstopp für Ärzte geben, stattdessen müsste man sie in den ländlichen Raum schicken. Doch das wird nicht passieren, denn in Berlin sitzen die Lobbyisten«.