Krankes Gesundheitssystem - Teil 12
Mit dem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn reagiert das Bundesgesundheitsministerium unter anderem auf lange Wartezeiten beim spezialisierten Facharzt und drohende Versorgungsengpässe besonders in ländlichen Bereichen. Im Gesetz ist unter anderem geplant, die Sprechstundenzeiten der niedergelassenen Ärzte von 20 auf 25 Stunden anzuheben und Patienten über telefonische Terminservicestellen zu koordinieren. „Das Gesetz entspricht nicht der Arbeit von uns Ärzten und vernachlässigt den einfachsten Weg, viele Probleme mit einer einzigen Maßnahme zu erledigen“, sagt Dr. Karin Harre, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Brandenburg. Der durchschnittliche niedergelassene Mediziner arbeite längst 50 Stunden pro Woche und mehr, eine Anhebung vom Ministeriumsschreibtisch aus entspreche nicht der Realität, so Harre. Problem seien vielmehr die unzähligen unkoordinierten Arzt-Patientenkontakte. Als Lösung schlagen die hausärztlichen Interessenvertreter ein Primärarztsystem vor, bei dem der Haus- oder Kinderarzt die Fäden von Prävention, Behandlung und Medikation oder Überweisung an einen Spezialisten in der Hand hat. Gezielte Überweisung entlastet das System „Wir können für Krankheiten den effizientesten Behandlungspfad empfehlen und kennen unsere Patienten“, so Harre. Gezielte Überweisungen würden die spezialisierten Ärzte und das Gesundheitssystem als Ganzes entlasten. Durch eine koordinierte strukturierte Versorgung könne auch einem Versorgungsengpass im fachärztlichen Bereich entgegengewirkt werden. Allerdings müssten für ein solches System Politik und Krankenkassen die entsprechenden Weichen stellen und Anreize für Patienten zur Teilnahme geben. Brief an den Gesundheitsminister Im Brief an Gesundheitsminister Spahn betonen die Brandenburger Hausärzte, für weitere Überlegungen zur Verfügung zu stehen. So heißt es in dem offenen Brief unter anderem: „Sehr geehrter Herr Minister, der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen macht ein Steuerungsdefizit als Kernproblem des Gesundheitswesens aus und empfiehlt gleichzeitig, das Primärarztsystem als Lösungsweg. Hierzu empfiehlt er die Ausbreitung der hausarztentrierten Versorgung oder – aus unserer Sicht noch besser – einen Hausarztwahltarif für alle Versicherten. Wir unterstützen diesen Ansatz ausdrücklich! Prävention, Behandlungskoordination oder Patientensteuerung gehören in die Hand des Hausarztes. Viele der in Ihrem Gesetzentwurf genannten Probleme, wie die mangelnde Koordination, die Terminprobleme oder eine geordnete Herangehensweise an die Nachwuchsproblematik, wären durch ein Primärarztsystem gelöst. Täglich sorgen in der gesamten Bundesrepublik in Stadt und Land die Hausärzte für eine gut funktionierende Versorgung von Groß und Klein. Diese Versorgung hat mit uns Hausärzten ein Gesicht. Wir kennen unsere Patienten, und zwar von Kopf bis Fuß. Gleichzeitig bewältigen wir die organisatorischen, bürokratischen und immer neuen gesetzlichen Herausforderungen und viele von uns tragen die unternehmerischen Risiken in unseren Praxen. Nun greifen Sie mit dem Entwurf des TSVG in die Freiheit der ärztlichen Berufsausübung ein und möchten dirigistisch etablierte Praxisabläufe verändern. Und Sie verschärfen die Ressourcenknappheit ärztlicher Tätigkeit. Wir möchten gerne besonders an zwei konkreten Punkten Ihres Gesetzes unsere Kritik äußern und dies mit einem Lösungsvorschlag verbinden.“