Ein Dutzend Artikel lang haben wir nun bereits über unser krankes Gesundheitssystem berichtet. Wir fragten Hausärzte, sprachen mit Geschäftsführern von sächischen und brandenburger Kliniken, hörten uns die Sorgen von Apothekern und Pflegedienstleitern an und veröffentlichten viele Leserbriefe. Nun ist es an der Zeit, ein Fazit zu ziehen und den politisch Handelnden einen Extrakt unserer Recherchen zu übergeben.
Wenn greise Hausärzte verzweifelt Nachfolger suchen, Pflegeeinrichtungen um Personal ringen, Pfleger über geringe Wertschätzung und schlechte Bezahlung klagen, dann sind dies nur die Symptome einer Gesundheitspolitik, die offensichtlich einiger Korrekturen bedarf. Aus den letzten zwölf Artikeln haben wir stichpunktartig zusammengefasst, was die Betroffenen zu beklagen hatten. Was die politischen Handelnden dazu sagen und welche Lösungsansätze sie anbieten, darüber werden wir in naher Zukunft berichten. Hier ein Extrakt der angemahnten Missstände:
Krankenkassen
- Massiver Anstieg der Rechnungskontrollen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen
- Wir haben in den Krankenhäusern eine Bürokratie, die ihresgleichen sucht. Was nicht aufgeschrieben wurde, hat aus Sicht der Kassen nicht stattgefunden
- Notaufnahme: Wenn in Extremsituationen mal vergessen wird, sein Signum zu setzen, dann wird die Leistung nicht bezahlt.
- Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) muss wieder in die Klinik kommen und die Fälle, die zur Prüfung anstehen, gemeinsam mit dem behandelnden Team besprechen
- Der MDK soll die Einzelfallprüfungen wieder einführen, nicht gewisse Teilgebiete und Teilbereiche systematisch und strukturiert prüfen.
- Der Pflegeberuf besteht mittlerweile zum Großteil aus Dokumentation. Es ist Zeit für eine Entbürokratisierung, um die Pflegekräfte zu entlasten, neue Kräfte zu finden und Mitarbeiter zu halten.
Hausärzte
- Zu viele Reglementierungen. Hausärzte dürfen Arzneimittel nur nach einem Wirkstoffkatalog verordnen; sie haben ein Heilmittelbudget für Physiotherapie, neuerdings auch ein Laborbudget
- sie müssen sich an die Telematik-Infrastruktur anbinden, was mit hohen Kosten verbunden ist. Damit (Stammdatenabgleich) übernehmen sie Aufgaben der Krankenkassen und die sitzen schließlich auf einem Finanzberg von fast 20 Milliarden Euro
- Die wöchentliche Sprechstundenzeit der Ärzte soll von 20 auf 25 Stunden erhöht werden. Dadurch werden nicht mehr Ärzte generiert, sondern diejenigen, die noch versuchen, das Ganze am Laufen zu halten, werden letztendlich kaputtgespielt.
- Die Ärzteschaft verlangt Entbudgetierung sowie eine Entbürokratisierung, damit der Beruf wieder Freude macht und junge Kollegen sich für die eigene Niederlassung entscheiden.
- Anreize für Landärzte müssen geschaffen werden, beispielsweise durch eine höhere Bezahlung (Buschzulage)
- Die Sprach- und Medizinprüfung für ausländische Ärzte ist nicht bundeseinheitlich geregelt und kann beliebig oft wiederholt werden.
- Zulassungsstopp für Ärzte beenden.
- Mehr Selbstbestimmung bei Krankenhausleistungen zulassen
- Einrichtung eines gesamtbundesdeutschen Versorgungsplanungsausschuss für Entscheidungen über Versorgungsrelevanzen
- Fixkostendegressionsabschlag überarbeiten
Ausbildung
- Ausbildungsfinanzierung: Wir brauchen eine bundeseinheitliche Ausbildungskostenermittlung und Ausbildungsfinanzierung
- Nachwuchs bei den Apothekern und Pharmazeutisch-technischen Assistenten: Wer Fachkraft werden will, muss erst mal zurück zu den Eltern, denn wie bitte soll man während der 2,5 Jahre Ausbildung ohne Geld leben?