

Früher konnte man jederzeit, sei es als Lückenfüller oder um heikle Themen zu vermeiden, über das Wetter sprechen. Das Wetter oder Wetterextreme waren wichtige, aber unpolitische Bestandteile der Umwelt. Das ist heute anders. Durch den Klimawandel ist das Thema inzwischen politisch aufgeladen. Als ein sicheres Zeichen des Klimawandels gelten Wetterextreme, die sich in der Gegenwart häufen sollen. Wie sah es damit seit der systematischen Wetteraufzeichnung in Cottbus aus? Platz 1 bei den heißesten Sommern nimmt das Jahr 2003 ein, dicht gefolgt von 2018. Die grimmigste Kälte gab es in unserer Stadt im Winter des Jahres 1928/29. Im Februar vor 90 Jahren erlebten Cottbus, Deutschland und ganz Europa eine ungewöhnliche Kältewelle. In der Fachliteratur wird der Witterungsverlauf so beschrieben: „Der Winter 1928/29 war in Deutschland der mit Abstand kälteste des 20. Jahrhunderts. Vielerorts sank das Thermometer im bitterkalten Februar 1929 - dem kältesten Einzelmonat des 20. Jahrhunderts überhaupt - auf – 25° C, zum Teil sogar unter – 30° C. Die Ostsee war vollständig dick vereist. Die Nordseeinseln waren zu Fuß erreichbar“. Ursache dafür war eine sogenannte Zirkulationsanomalie. „Rund 32 Grad Nachtfrost in Cottbus“ Ab Ende Januar 1929 wird der strenge Frost zum Hauptthema im Cottbuser Anzeiger. Zunächst überwiegt noch die Freude am Winterwetter. Die Maustmühle und andere Ausflugsgaststätten werben mit ihren Eisbahnen. Zum Wintersport muss der Cottbuser nun nicht ins Riesengebirge. Auf dem Weg zu den Merzdorfer Alpen sieht man „Rodelfreunde mit Schlitten“ und „Skileute“. „Es war aber auch ein Wintertag von ganz besonderer Schönheit und Herrlichkeit.“ Aber bald mehren sich die sorgenvollen Stimmen. Am 1. Februar werden – 17° C gemessen, tags darauf – 23° C. Parallel dazu gab es Arbeitskämpfe in der Textilindustrie und eine heftige Grippewelle. Die Schulverwaltung meldet 789 erkrankte Schulkinder. Allerdings scheint Besserung in Sicht: „Unser meteorologischer Mitarbeiter ist der Ansicht, dass wir das Schlimmste überstanden haben.“ Irrtum! „Das Quecksilber im Thermometer unternimmt Stürze, wie man sie in der hiesigen Gegend geradezu unmöglich gehalten hätte.“ Am 10. Februar sind es – 32° C. Jetzt häuften sich die Probleme. „Das Einfrieren von Wasserleitungen und von Leitungen der Zentralheizungen ist an der Tagesordnung.“ Der Zusammenbruch der Wasserversorgung macht „Wasserzapfeinrichtungen und Wasserwagen“ erforderlich, „eine Quelle von Mühseligkeiten für die Hausfrauen“. Die Milchflaschen zerplatzten. Bei Beerdigungen gab es „unvorhergesehene Schwierigkeiten“. Der Cottbuser Anzeiger, der selbst wegen der Kälte Probleme mit der Auslieferung hat, warnt davor, „Erfrierungserkrankungen auf die leichte Schulter zu nehmen.“ Großfeuer und kaum Löschwasser Die Stadtverordneten beschäftigten sich auf ihrer Beratung am 14. Februar „mit der bedenklichen Kohlennot“. Die Vorräte der städtischen Betriebe sollten auch „an Private“, besonders an Arztpraxen, abgegeben werden. Den Straßenbahnführern, die damals noch im offenen Fahrerstand arbeiteten, gewährte das Stadtparlament eine Kältezulage von 30 Mark. Die anhaltende große Kälte verleitete Cottbuser dazu, Leitungen mit offenem Feuer aufzutauen. Das führte zu einer Serie von Bränden, bei der die Feuerwehr „Schlagfertigkeit, Pflichttreue und volle Hingabe“ bewies, aber bei - 20° auch große Probleme mit eingefrorenen Hydranten hatte. Großfeuer gab es beim Kaufhaus Bodanski am Altmarkt und bei der Tuchfabrik Kühn & Mohr in der Streelenstraße (heute Ewald-Haase-Straße), beide nach Auftauversuchen mit Lötlampen. Am 22. Februar dann endlich langsame Entwarnung: „Milderes und trübes Wetter in Sicht“. Zurück zur Gegenwart und zum Klimawandel. Dass neben dem natürlichen, ständigen Wandel des Klimas im letzten Jahrhundert die Einflüsse des modernen Industriezeitalters, also des Menschen, immer beträchtlicher wurden, ist wohl unbestritten. Berechtigt scheint allerdings die Frage, ob mit gewaltigem Aufwand dieser Wandel gebremst werden soll, oder ob man mehr erreicht, wenn sich die Menschheit darauf einstellt. Auch die Frage der Prioritäten bei der „Weltrettung“ kann diskutiert werden. Der Einsatz für Familienplanung und für gerechten Welthandel ist ebenso wichtig. Wer es aber am CO2 festmachen will, könnte auch guten Gewissens vorschlagen, auf die Verlegung einer Panzerbrigade mit 850 Ketten- und Radfahrzeugen aus Kansas (USA) nach Zagan (Polen) zu verzichten.