

Wer die öde Fläche im Cottbuser Zentrum sieht, der könnte fast denken, wie leicht doch das Bauen in der Vergangenheit war. Anfang der Sechziger beschloss man, das Cottbuser Zentrum zu gestalten. Die zwei Entwürfe, der favorisierte mit dem neuen Zentrum am Bahnhof und der alternative an der späteren Stadtpromenade, wurden 1964 im Haus der Bezirksleitung als Modell aufgestellt. Der Staatsratsvorsitzende kam, sah und entschied sich für die zweite Variante. Da gab es keine zickigen Abgeordneten, keine überheblichen Investoren, keine Klausuren und keine öffentlichen und nichtöffentlichen Ausschusssitzungen. Wirkliche Bürgerbeteiligung gab es schon gar nicht. Zwischen dem Abriss der Jahr- und der Roßstraße ab 1966 und der Eröffnung der Pavillons lag ein gutes Jahrzehnt. Das Konsument-Warenhaus, die Gaststätte »Stadttor« (beide 1968), die Eisbar »Kosmos« (1969), die Volksbuchhandlung »Jenny Marx« (1969), die Wohnscheibe 1970, das Hotel Lausitz (1970), die Fußgängerbrücke (1974), die Stadthalle (1975), die Pavillons (1977) sowie die beiden Punkthochhäuser bildeten mit der historischen Stadtmauer, zahlreichen Kunstwerken und Brunnen das neue Zentrum. Zwar fiel mit dem Abriss der Luckauer Vorstadt auch wertvolle historische Bausubstanz der neuen Mitte zum Opfer. Aber das zu recht preisgekrönte Ensemble rechtfertigte wohl die Verluste. Es gab in Cottbus etliche Bausünden. Das Zentrum gehörte nicht dazu! Neue Zeiten Aber gleich nach der Wende gab es in der Stadt andere Begehrlichkeiten. Anstelle einer »Flaniermeile für die Werktätigen« mit Kunst am Bau und kostengünstigen Freizeitangeboten ging es nun um »beste Lagen«, Bruttogeschossflächen und Platz für Filialisten. Ab 1992 diskutierte man über ein Projekt, das bald City-Galerie genannt wurde. Es blieb zunächst jahrelang bei einer Diskussion um für und wider, währenddessen Sternchen und Pavillons zunehmend verfielen. Erst 1999 nahmen Pläne der Hamburger ECE-Gruppe konkrete Gestalt an. Die Eisbar war dann um die Jahrtausendwende das Zentrum der Auseinandersetzung. Die heftigen Reaktionen gegen einen Abriss waren aber nicht damit verbunden, dass die Cottbuser ihr angebliches Lieblingscafé verstärkt frequentierten. Mehrere Wiederbelebungsversuche scheiterten in der Eisbar und in den anderen gastronomischen Einrichtungen der Pavillons. In den OB-Wahlkampf 2002 gingen alle Parteien mit einem mehr oder weniger deutlichen Bekenntnis zur City-Galerie der ECE-Gruppe. Allerdings mit einer Ausnahme: Die frühere, zuvor von den Stadtverordneten abgewählte, Finanzbeigeordnete Karin Rätzel trat als parteilose Kandidatin und Gegnerin des City-Centers an. In der Stichwahl setzte sie sich deutlich durch und versuchte im Herbst 2002, vor 15 Jahren, das Projekt endgültig zur Strecke zu bringen. Man erinnere sich: Die neue Oberbürgermeisterin beanstandete die Beschlüsse der Stadtverordneten zum Bau des ECE-Centers. Die Potsdamer Kommunalaufsicht wies diese Beanstandungen zurück. Dagegen drohte die Verwaltungschefin zu klagen. Nachdem diese Auseinandersetzung andauerte, zog sich der Investor ECE zurück. Mit einem anderen Anwärter wurde ein erneuter Anlauf genommen. Das Blechen-Carré, über das in der Folge diskutiert wurde, sah die Integration der Backstein-Schule vor. Zuerst die Fußgängerbrücke Abgerissen werden sollten die Fußgängerbrücke, das Sternchen und zunächst nur ein Pavillon. Das Center öffnete im September 2008. Vorher wurden Ende 2006 bis in das Frühjahr, vor über 10 Jahren, Sternchen und Fußgängerbrücke abgerissen. »Das Sternchen ist verglüht.« In der Lausitzer Rundschau erfuhren die Cottbuser zunächst Trost für diesen Verlust: »Die Pavillons sollen in einem zweiten Bauabschnitt saniert werden. Das soll möglichst schnell gehen, damit zwischen Blechencarré und Spree-Galerie nicht weitere Jahre eine Brachfläche vor sich hin bröckelt.« Allerdings gab es damals schon die Ahnung, das der »2. BA« schwerer zu vermarkten sei. »Je weniger Pavillons, desto einfacher das Geschäft.« So kam es dann auch! Die restlichen Pavillons, inzwischen völlig heruntergekommen, wurden trotz der Einwendungen der Denkmalpflege abgerissen. Die Erweiterung des Blechen-Carrés erfolgte bis heute nicht. Der Investor stellte immer neue Forderungen an die Stadt. Die Brachfläche bröckelt genauso vor sich hin, wie vor zehn Jahren befürchtet wurde. Aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfuhr man dieser Tage, dass nun erneut Bewegung in die Sache kommt und ein gutes Ende für das Cottbuser Zentrum möglich wird.