Silke Richter/mlh

Zwischen wildem Insektenparadies und deutscher Ordnungsliebe

Hoyerswerda. Julia Uebigau verstärkt seit Juni das Team der Volkshochschule. Die neue Fachbereichsleiterin hat viele Pläne.

 

Julia Uebigau hat den gewissen Blick fürs Detail. Sie sieht, wenn Insekten Hilfe brauchen. In diesem Wasserbereich hatte sich eine kleine Biene verirrt und kämpfte um ihr Leben. Es fängt im Kleinen an, meint die 37jährige.

Julia Uebigau hat den gewissen Blick fürs Detail. Sie sieht, wenn Insekten Hilfe brauchen. In diesem Wasserbereich hatte sich eine kleine Biene verirrt und kämpfte um ihr Leben. Es fängt im Kleinen an, meint die 37jährige.

Bild: Silke Richter

Ein warmer Julitag in der Nähe des Lausitzer Platzes: Passanten hasten den Weg entlang. In den Händen halten sie volle Einkaufskörbe, Taschen oder telefonieren mit ihren Handys. Auf dem Parkplatz gleich neben dem Zentralpark hat sich eine Autoschlange gebildet. Freie Stellplätze sind an diesem Tag rar. Nahezu unbemerkt kämpft derweil eine kleine Biene in einem Wasserbecken verzweifelt um ihr Leben. Das Insekt strampelt verzweifelt mit ihren dünnen Beinchen. Der rettende Uferbereich mit Blick auf die Brigitte Reimann Skulptur „Die Liegende“ ist viel zu weit entfernt. Ein Blatt, ein Stein oder ein Ast würden dem Tierchen weiterhelfen….
Julia Uebigau, die neue Fachbereichsleiterin der Volkshochschule (VHS) Hoyerswerda für ökologische, ökonomische und digitale Bildung, hat einen Blick für diese so wichtigen Details in der Natur. Die 37jährige hält nach ihrer Beobachtung kurz inne, bevor sie ihr Gespräch weiterführt. So viel Zeit muss sein. Sanft gleitet ihre Hand unter die Wasseroberfläche. Geschafft. Die Biene ist vor dem Tod gerettet. Kurze Zeit später fliegt das Insekt unbeschadet auf die nächstgelegene kleine Blumenoase. Blühende Plätze wie diese vermisst Julia Uebigau in der Neustadt.

 

Nachdenklich schweift ihr Blick Richtung gemähter Grünanlage die nicht nur unter der Trockenheit leidet. „Schade, dass so viele Flächen gemäht werden. Sonst würden sich hier noch viel mehr Insekten tummeln“, meint Julia Uebigau. Für die 37jährige eine schöne Vorstellung die aber nicht überall gut ankommt ob des vermeintlich ungepflegten Anblickes.
Als Fachbereichsleiterin für ökologische Themen kennt sie die Diskussionen rund um dieses Thema und weiß, dass noch viel Aufklärungsarbeit notwendig ist. Die ZooKultur, unter deren Dach auch die VHS Hoyerswerda besteht, möchte die Angebote rund um Natur und Umwelt deutlich ausbauen, ebenso wie Veranstaltungen rund um Digitalisierung und Ökonomie. Genau deswegen wurde Julia Uebigau als Verstärkung ins VHS-Team geholt.

 

Jede Menge Ideen im Gepäck

 

Die gebürtige Bautzenerin freut sich auf ihre neue Herausforderung. Die Aus- und Weiterbildungspädagogin, die zuletzt als Geschäftsstellenleiterin einer caritaven Einrichtung und in wirtschaftlichen Zweigen tätig war, wollte gern wieder in der Bildungsbranche arbeiten. Deshalb auch die berufliche Neuorientierung. „Meine ersten Berufe waren größtenteils Kopfentscheidungen. Jetzt kommt immer mehr das Bauchgefühl dazu“, umschreibt Julia Uebigau ihre Ambitionen. Für ihr neues Betätigungsfeld hat die engagierte Naturschützerin und Tierliebhaberin jede Menge Ideen im Gepäck die sie gern schrittweise umsetzen möchte. Bei der VHS hat sie dafür den nötigen Freiraum, denn Ziel der Bildungseinrichtung ist es, vielfältige Angebote zu zeitgemäßen Themen zu etablieren, Menschen zusammenzubringen und Diskussionen anzuregen.

 

So hat die 37jährige bereits erste Kontakte zu Experten und Laien gesucht. Geplant ist unter anderem der Aufbau eines gut durchdachten funktionierenden Netzwerkes, in dem die Beteiligten ihr Wissen ergänzen und sich gegenseitig bereichern, um entsprechende bereits vorhandene und neue Angebote für verschiedene Zielgruppen erarbeiten und anbieten zu können. „Ich möchte auch wieder mehr den Blick auf die Natur lenken und aufzeigen, dass es tatsächlich kurz vor 12 Uhr ist. Wir müssen dringend etwas tun, Nicht später. Sondern jetzt“, meint Julia Uebigau die auf den erhobenen Zeigefinger verzichtet, sondern lieber mit gutem Beispiel voran geht.

 

Was ihr beruflich am Herzen liegt, lebt sie auch privat:

 

Sie verändert ihr häusliches Badezimmer gerade in eine plastikfreie Zone. In ihrem sehr naturnah angelegten Garten mit ungemähter Wiese, Wildpflanzen und Kräutern leben Insekten und andere Tiere wie in einem kleinen Paradies. Zum Geburtstag hatte Julia Uebigau vor ein paar Jahren Kokons geschenkt bekommen. Mittlerweile hat sich daraus eine riesige Wildbienen – Kolonie entwickelt die ihren Beitrag für die Bestäubung von Blumen, Nutzpflanzen und Bäumen leistet. Deren Erhalt sorgt wiederum für die Fortbestehung der vielfältigen Pflanzenwelt die wieder Nahrungsgrundlage und Lebensräume für Insekten darstellt. Dank der Photosynthese gelten Bäume zudem als wichtige Sauerstoff-Lieferanten.

 

Es ist auch erwiesen, dass verschiedene Kulturpflanzen durch natürliche Bestäubung besonders hohe Ernteerträge erzielen können. Viele Bestäuber - Gruppen, darunter auch über 50 Prozent der in Deutschland vorkommenden Wildbienenarten, gehören mittlerweile zu den bedrohten Arten, hat der deutsche Naturschutzbund (NABU) in einer Statistik herausgefunden.

 

Träumen von der Zukunft

 

„Wenn ich träumen darf, würde ich nächstes Jahr gern eine ökologische Bildungswoche anbieten. Aufklärungsarbeit darüber ist so wichtig “, meint Julia Uebigau ganz im Sinne der VHS. Mindestens genauso sehr liegen der 37jährigen auch zielgerichtete Angebote für viele Generationen in den Bereichen ökonomische und digitale Bildung sehr am Herzen. Themen wie informative Sicherheit im Netz, Umgang mit sozialen Medien, ethische Grenzen, was ist bei persönlichen Angriffen im Netz zu tun, welche Filter kann ich dabei setzen und mich beschützen sind nur einige Ansätze, die der neuen Fachbereichsleiterin vorschweben. „Wer Ideen oder Interessen für Angebote hat, kann sich gern bei uns melden“, so Julia Uebigau. Man darf also gespannt sein.


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