Rainer Könen/mlh

»Die Stadt ist meine Heimat geworden«

Radeberg. Gerhard Lemm hat Radeberg geprägt wie nur wenige vor ihm. Nach 28 Jahren Amtszeit ist Ende Juli Schluss. Der Oberbürgermeister im Interview mit WoKu.

Bei der Vorstellung des diesjährigen Bierstadtfestprogrammes ließ sich Radebergs Oberbürgermeister Gerhard Lemm (links) mit Musikern des Posaunenchors ablichten. Ein Termin, der ihn seinerzeit etwas wehmütig gestimmt habe, denn es war das letzte Bierstadtfest, dass er in seiner Funktion als OB begleitete.

Bei der Vorstellung des diesjährigen Bierstadtfestprogrammes ließ sich Radebergs Oberbürgermeister Gerhard Lemm (links) mit Musikern des Posaunenchors ablichten. Ein Termin, der ihn seinerzeit etwas wehmütig gestimmt habe, denn es war das letzte Bierstadtfest, dass er in seiner Funktion als OB begleitete.

Bild: Rainer Könen

Herr Lemm, können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie sich gefühlt haben, als Sie vor 28 Jahren Ihre erste Rede im Rathaus gehalten haben?

Gerhard Lemm: Kann ich. Das war bei einem Empfang, bei dem ich viele Leute kennenlernen wollte. Einerseits war ich ziemlich begierig darauf, mich und meine Ideen vorzustellen. Andererseits war ich sehr nervös, sollte ja nichts schiefgehen bei meiner Vorstellung.

Wie blicken Sie heute auf Radeberg zurück?

Mit großer Dankbarkeit. Ich bin froh, dass ich so lange an so einem Wiederaufbauwerk, das in weiten Teilen ordentlich gelungen ist, mitwirken durfte.

Sie haben etliche Projekte in der Stadt angeschoben. Welche lagen Ihnen besonders am Herzen?

Vor allem Sanierung und Ausbau der Schulen und Kitas. Nicht zu vergessen die neuen Feuerwehrhäuser. Ich bin auch froh, dass wir viele marode Häuser retten konnten. Ich denke da ans Schloss und den Kaiserhof. Klar, auch die neuen Dorfgemeinschaftshäuser und die Spiel- und Grünflächen in der Stadt haben für mich einen großen Stellenwert.

Was ist die schönste und die schlechteste Erinnerung an Ihre Amtszeit?

Zu den schönsten Erinnerungen gehört sicher das Fest zur Eröffnung des Kaiserhofs. Viele glaubten ja, das Gebäude sei nicht mehr zu retten. Schön finde ich auch, dass die von mir gegründeten Stadtfeste so gut angenommen worden sind. Zu den unangenehmsten Erinnerungen gehört der Beginn der Corona-Pandemie, die vielen Todesmeldungen aus dem Radeberger Altenheim. Das Wissen, was die Isolation für die Menschen bedeutet, der ständige Kampf um Schutz-Ausrüstungen und Personal. Das alles war psychisch sehr belastend.

Wie werden Sie Ihren Ruhestand verbringen?

Ich bleibe ja kommunalpolitisch für Radeberg weiter aktiv. Als Kreisrat und Vorsitzender meiner Fraktion im Kreistag. Wenn es gewünscht wird, werde ich auch meine Standesbeamtentätigkeit in gewissem Umfang weiter ausüben, ehrenamtlich natürlich.

Gibt es Hobbys, denen Sie sich nun widmen werden?

Ich freue mich, wieder mehr lesen zu können, nicht nur Akten. Auch will ich mehr reisen, freue mich darauf, dass ich nun mehr Zeit für meine Familie, für meine Freunde habe.

Wie fällt die Bilanz Ihrer knapp 30-jährigen Amtszeit aus?

Ich bin zufrieden. Die Stadt ist in weiten Teilen saniert, vollständig entschuldet und bei allem, was noch zu tun bleibt, gut aufgestellt. Besser als die meisten Städte dieser Größe. Vollständig zufrieden kann man natürlich nie sein, aber die Stadt hat einen großen Schritt nach vorn gemacht.

Werden Sie irgendwann wieder nach Mönchengladbach ziehen, wo Sie aufgewachsen sind?

Nein. Radeberg ist mir zur Heimat geworden, hier ziehe ich nicht weg. Aber ich werde sicher nun mehr Zeit für Besuche in meine alte niederrheinische Heimat haben.


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