sst

Über die Rückeroberung eines verlorenen Ortes

Er kennt sich aus im Revier und in der Historie der Landschaftsveränderung. Das beweist Wolfgang Joswig mit seinem soeben erschienenen Buch erneut. „Lausitzer Legende“ beschreibt „Grube Ilse, die Rückeroberung eines verlorenen Ortes“. Der Architekt, Stadtplaner und Buchautor stellte jetzt am geschichtsträchtigen Ort, im IBA Studierhaus Großräschen, dem ehemaligen IBA-Beamtenhaus, seine neueste Publikation vor.
Stadtplaner Wolfgang Joswig während der Buchvorstellung. Foto: Weser

Stadtplaner Wolfgang Joswig während der Buchvorstellung. Foto: Weser

Großräschens Bürgermeister Thomas Zenker und weitere Protagonisten vom IBA Fürst-Pückler-Land gehörten zu den Besuchern der Buchvorstellung. „An diesem schon verloren geglaubten Ort wurden Visionen zur Wirklichkeit. Allein das ist staunenswert.“ So schreibt Wolfgang Joswig im Prolog zu seinem vierten Ilse-Buch, dem Finale zum Ilse Quartett, und legitimiert den Begriff von der Lausitzer Legende eines bereits vom Untergang geweihten Ortes hin zur „Rettung von 100 Hektar Zukunftsland“. Lebensraum wieder erobern In seiner einführenden Laudatio erinnerte Zenker daran, dass Anfang der 90er Jahre, als nach dem Aus für Großräschen- Süd „Hopfen und Malz verloren schien“ ein junger Bürgermeister auf einen jungen Stadtplaner stieß, ein vielleicht schicksalhaftes Zusammentreffen, das mit ähnlichen Visionen, wenn auch oft mit unterschiedlichen Ansätzen, und weiteren Akteuren die Rückeroberung eines Lebensraumes möglich erscheinen ließ.  Wolfgang Joswig, Stadtplaner seit 1994, habe sich im Spannungsfeld zwischen vermeintlicher Altlast und Neubeginn zum Visionär entwickelt. Schmunzelnd bezeichnete Zenker das neue „Ilse“-Buch als ein hervorragendes und detailgenau recherchiertes Sachbuch mit „einer kräftigen Portion Joswig“. Rettung und Erhalt Das Wissen um die eigene Leistung machte der Gelobte auch während der Lesung selbstbewusst deutlich. Mit seinen planerischen Visionen und dem literarischen Ilse-Quartett hat Joswig erheblich mit zur Rettung, zum Erhalt und der Entwicklung IBA Terrassen und der bisherigen Entwicklung am See sowie dem realisierbaren Blick in die Zukunft beigetragen. So beschreibt Joswig in der ,,Lausitzer Legende“ den Weg vom „Verlorenen Ort“ über den „Ersatzort“ bis zur Bewahrung der Industrie-Stadt-Landschaftsbrache und über den Hafeneinschnitt bis zum gegenwärtigen raumbildenden Wegedreieck entlang der Seestraße zwischen IBA-Kreisel und Seebrücke über die IBA-Terrassen zur Victoriahöhe und entlang der Allee der Steine zum Ausgangspunkt, bevor Joswig mit einer dritten Zeitebene visionär die „Legende“ bis ins Jahr 2020 verfolgt. Neue Kulturlandschaft Das Buch macht mit vielen Rückblicken nach Bückgen, in die Zeit des prosperierenden Kohleabbaus und dem damit verbundenen Aufschwung der Region, mit Fotomaterial, Zeichnungen und historischem Kartenmaterial Geschichte lebendig. Der Leser erfährt die Geschichte der Seebrücke als Bauteil eines Tagebaugerätes als Verweis in die Vergangenheit und etwas über die Victoriahöhe auf den Trümmern einer Brikettfabrik. Der Stadtplaner Wolfgang Joswig wird im Buch sichtbar, wenn er die Historie geschichtsträchtiger Gebäude wie Ilse-Apotheke Ledigenwohnheim oder Fabrikantenvilla über ihre Rettung bis hin zu heutigen Nutzungen wie dem SeeHotel dokumentiert und dem Leser und Betrachter vor allem vor Augen führt, wie in wenigen Jahren seit Beginn der Flutung 2007 bereits eine neue Kulturlandschaft entstanden ist. Visionen können wahr werden Joswigs Publikation macht sichtbar, Rückeroberung verlorener Orte ist möglich, Visionen können realisiert werden mit den richtigen „Visionären“. Ein solcher ist Wolfgang Joswig. Aber sein Buch ist auch eine Hommage an verdienstvolle Entwickler des Seeenlandes und von IBA-Ideen wie Dr. h. c. Otto Rindt, Professor Helmut Rippl, der einen Park aus dem Nichts mit der Allee der Steine entstehen ließ, Professor Rolf Kuhn oder Dr. Ernst-Peter Kühn. Einer realisierbaren Zukunft entgegen träumen Die „Willkommen und Abschied“-Luftaufnahme von 2016 wird im letzten Teil mit Zukunftsbildern 2020 (oder auch später) vom Großräschener Hafen auf den See konfrontiert. Gemeinsam mit Wolfgang Joswig und den Entwürfen von Dr. Ing. Hannelore Joswig kann der Leser eine realisierbaren Zukunft entgegen träumen.      (J. Weser)


Meistgelesen