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Respekt: 52,5 Jahre Schulzeit sind jetzt beendet

Jetzt geht sie in den Ruhestand und hat mehr Zeit für die Familie und für sich selbst: Nach zweiundfünfzigeinhalb Jahren Schulzeit ist für Regine Pursian Schluss. Die Schulleiterin des Emil-Fischer-Gymnasiums Schwarzheide hat ihren aktiven Schuldienst beendet.
Regine Pursian hat ihre Materialien aus den Schränken geräumt. Hier schaut sie in „Malerische Streifzüge um den SeeCampus“, Aquarelle von Bernhard Vogel. Foto: sts

Regine Pursian hat ihre Materialien aus den Schränken geräumt. Hier schaut sie in „Malerische Streifzüge um den SeeCampus“, Aquarelle von Bernhard Vogel. Foto: sts

Schwarzheide. Zweiundfünfzigeinhalb Jahre? „Ja, ich bin zweiundfünfzigeinhalb Jahre zur Schule gegangen - wenn ich meine eigene Schulzeit natürlich mitrechne“, sagt Regine Pursian und lächelt. Sie ist in Aufbruchstimmung. Morgen wird sie in der Aula des SeeCampus Niederlausitz verabschiedet. „Mein Gefühl sagt, es ist gut, dass es jetzt zu Ende ist“, erzählt die 63-Jährige und verblüfft mit einem interessanten Fakt: Während ihrer gesamten Lehrertätigkeit sei sie zusammengerechnet nur drei Monate krankheitsbedingt ausgefallen. Der Beruf muss demnach Spaß gemacht haben. „Das hat er, ohne Zweifel. Lehrer war mein Wunschberuf. Genau das wollte ich immer werden. Ich habe als Kind zu Hause gern Schule gespielt und mit einem Notenbuch meine Familie und meine Puppen benotet“, berichtet Regine Pursian. Wie sie sagt, empfand sie ihre Schulzeit als schön: „Ich bin gern zur Schule gegangen und kann mich nicht erinnern, jemals ohne Freude dort aufgeschlagen zu sein. Meine Lehrer hatten mich nie geärgert, eher andersherum.“ Ihr Klassenlehrer, erinnert sie sich, unterrichtete Physik und Chemie: „Er war streng aber das war gut. Man sollte Schüler nicht in Watte packen, sondern ihnen auch einmal die Meinung sagen. Das regt oft einen Prozess des Nachdenkens bei ihnen an.“
Ihr eigener Weg als Lehrerin begann 1976 in der Erich-Weinert-Oberschule in Lauchhammer. Von 1982 bis 1990 war sie dort stellvertretende Schulleiterin. Seit 1990 führte sie die Oberschule als Leiterin und schon ein Jahr später das Freifrau-von-Löwendal Gymnasium in Lauchhammer. Aus der Oberschule wurde mit den Wende ein Gymnasium. Im Schuljahr 2009/2010 übernahm Regine Pursian dann die Schulleitung des Emil-Fischer-Gymnasiums.
Aus allen Schulen versuchte sie, einen optimalen Ort des Lernens und des Lehrens zu gestalten. Ihre Erfahrungen und Eindrücke aus ihrer eigenen Schulzeit halfen ihr stets. „Ich hatte Spaß an der Schule und das sollten auch meine Schüler haben. Klar, kann ich spaßig sein, lasse oft einen Spruch los, bin aber auch ernst, wenn es angebracht ist. Was ich jedoch gar nicht mag sind Aufgaben, die nicht erledigt werden. Dann kann ich ganz hart werden“, verrät die scheidende Schulleiterin.
Wichtig war ihr in all den Jahren, dass Schüler und Erwachsene einander achten und respektierten. „Die Form sollte immer gewahrt bleiben. So gehören ein einfaches ‘Guten Morgen’ oder ein ‘Hallo’ zum guten Ton, wenn jemand in ein Sekretariat eintritt“, erzählt Regine Pursian. Wie sie sagt, ist es wichtig, Schülern Grenzen zu setzen, die realistisch sind: „Etwa, dass man im Schulhaus keine Mützen trägt. Das verlangt der Respekt vor den anderen Personen.“
Gern in Erinnerung bleiben ihr die Wettbewerbe „Kleiner Emil“ der 4. und 6. Klassen. Sie testeten sich in Naturwissenschaften und in Sprache aus und vollzogen an diesem Tag auch mit den 7. Klassen der Einrichtung spannende Experiemte. „Wenn sie dann zu uns gekommen sind, um sich für die 5. oder für die 7. Klasse anzumelden, fragten sie mich immer, ob ich sie noch kenne. Sie hätten doch den Wettbewerb ‘Kleiner Emil’ bestreitet“, erzählt Regine Pursian.
Wie sie sagt, hat sie insgesamt 24 Abiturjahrgänge an das Leben außerhalb der Reifeprüfung übergeben. Das bedeutet gleichzeitig 24 Reden - alle individuell und auf den Jahrgang passend geschmiedet. Nicht nur für die Abiturienten war der Abschluss etwas Besonderes. „Es war schön zu sehen, wie Schüler sich freuten und ihnen Steine vom Herzen gefallen sind, als sie ihr Abiturzeugnis in den Händen hielten. Viele kamen zu mir und haben sich dafür bedankt, obwohl sie es doch waren, die diese Leistung eigenständig vollbracht haben“, sagt Regine Pursian. Einen weiteren Jahrgang wird sie jetzt nicht mehr als verantwortliche Schulleiterin in die Welt entsenden. Mit ihrer Verabschiedung übergibt sie die zurzeit 653 Schüler von der 5. bis zur 12. Klasse in die Hände eines kommenden Schulleiters. Der stehe allerdings noch nicht fest.
Für Regine Pursian bricht jetzt eine neue Zeit im Leben an. Auf sie warten, wie sie sagt, zwei Enkel - ein  10- und ein 14-jähriges Mädchen. „Sie wohnen in Dresden und freuen sich auf ihre Oma“, erzählt sie und fügt an: „Eigentlich wollte ich immer einmal nach Dresden ziehen, doch die hohen Mieten im Wohnbereich haben mich abgeschreckt.“ Doch jetzt freut sie sich auf ihre Familie und auf ihre Datsche am Grünewalder Lauch: „Jetzt habe ich dafür endlich einmal richtig Zeit. Und vor allem für intensives und richtiges Lesen. Das, was ich möchte und nicht das, was ich muss.“ Wie Regine Purisan verrät, liest sie gern Krimis und Liebesromane. Zudem möchte sie, wie sie sagt, jetzt auch viel Zeit mit ihren Freunden verbingen: „Alle meine Bekannten sind bereits im Ruhestand und mussten in der Vergangenheit immer auf mich Rücksicht nehmen. Jetzt habe ich Zeit.“(sts)


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