Ahne alias Arne Seidel stellt als legendärer Berliner Lesebühnenautor Fragen, die außer ihm keiner stellt und beantwortet sie selbst mit absurd-komischer Logik.
Finstwerwalde. Dafür lieben ihn die Fans und deshalb ist die Buchhandlung Mayer auch bei seinem vierten Lesebesuch in Finsterwalde rappelvoll. Diesmal war er gleich zur Zweifachlesung angereist und lockte mehr als 200 Fans, die sich in die Buchhandlung drägten. ,,Ahne liest, singt und trinkt Bier“ verspricht die Ankündigung und wird vom Kultautor stets wahr gemacht. Das Team der Buchhandlung Mayer hat mit ihm seit 2014 einen literarischen Volltreffer gelandet.
Eigentlich ist die Lesung zu seinem neuesten Buch ,,Ab heute fremd“ angekündigt. ,,Aber die Geschichten habt ihr ja schon im vergangenen Jahr gehört.“ Ahne kennt sein Finsterwalder Publikum und liest im unnachahmlichen Berlin-Dialekt seine ,,Zwiegespräche mit Gott“, mit denen er die Hörergemeinde von radioeins über Jahre begeisterte, und andere neue Geschichten, mit denen er die Weltlage und persönliche Affinitäten ironisch beleuchtet. Außerdem singt er ganz ohne instrumentale Begleitung im spezifischen Duktus seine ,,bedeutsamen“ Lieder. Zwar konnte Gott wieder mal nicht mit nach Finsterwalde kommen, aber schließlich ist Ahne sein Nachbar in der Choriner Sraße im Prenzlauer Berg und sozusagen Stellvertreter Gottes.
Von Beginn an stimmt in Finsterwalde die Beziehung zwischen Poet Ahne und Publikum. Die aus dem Radio bekannte unnachahmliche Stimme und der unverwechselbare lakonisch-schnoddrige Humor mit philosophischem Tiefgang ziehen in den Bann. Seine Agenda für Humor ist in Finsterwalde angekommen, weiß Ahne und hat ebensoviel Spaß wie das Publikum während der zwei Stunden beim ,,Kampf für eine bessere Welt“. Das liegt auch an der leckeren Blutwurst, die Ahne vor der Lesung verspeisen darf. Außerdem komme er wegen des Bieres nach der Lesung in der Kneipe ,,Radsche“ nach Finsterwalde. Jedenfalls bekommt der Reporter grinsend solche Ahne typischen Antworten, wenn man fragt, warum es ihn immer wieder nach Finsterwalde zieht. ,,Natürlich auch wegen der toll sanierten Berliner Straße vor der Buchhandlung“, ergänzt Ahne verschmitzt. ,,Und wegen des tollen Publikums?“, wird nachgefragt ,,Ach so, ja, natürlich auch!“ Ein Grund ist vor allem, dass der von Marina und Klaus Mayer hergestellte Kontakt mit der ersten Lesung 2014 durch die Geschäftsführer-Nachfolger Torsten Mayer und Christian Kielinski in der Buchhandlung trefflichst gepflegt wird.
Natürlich lässt Ahne das Jahr 2016 auf spezielle Art Revue passieren und kommt nicht an dem neuen mächtigen und etwas irren Mann der Welt ,,mit dem Pisslappen auf dem Kopf“ vorbei. Fast ebenso schlimm für Ahne: Florian Silbereisen hat eine Band gegründet. Deshalb hat Ahne dagegen gehalten und selbst einen Schlager mit viel und noch mehr Liebe und etwas Marschmusik geschrieben. ,,Der geht bestimmt durch die Decke“.
Die Zuhörer freuen sich über seinen Jahresrückblich mit Politiker-Aussetzern und wünschen ihm die 2017 die Erfüllung seines als Moritat gesungenen Traumes: eine bessere Welt oder wenigstens weniger Pickel. Sich selbst wünschen die Zuhörer, dass Ahne Anfang 2018 wieder zum Lesen und Biertrinken in die Finsterwalder Buchhandlung Mayer kommt. Bestimmt, denn er muss ja schauen, ob die Berliner Straße fertig geworden ist. Auf Gegenbesuch bei den Veranstaltungen in der Lesebühne ,,Heim und Welt“ in Berlin, wo er mit anderen Autoren wie Jacob Hein sonntäglich liest und wo im März die ,,Bolschewistische Kurkapelle“ mit Jürgen Kuttner spielt, würde sich Ahne ebenfalls freuen.
J. Weser