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Hexe Baba Jaga tritt ab

Nach elf Jahren und sechs Teilen ist Schluss mit lustig.

Zum Glück gab das sonst so böse Weibsstück dem WochenKurier ein durchaus charmantes Interview.

Frau Baba Jaga, wann wussten Sie, dass in Ihnen eine schauspielernde Hexe schlummert? Als mir das Gegenangebot vorgelegt wurde. Da konnte ich einfach nicht nein sagen Böse Zungen behaupten, der Erfolg als Hexe Baba Jaga läge gar nicht an Ihnen, sondern wäre das Verdienst des Dresdner Star-Mimen Rainer König (63), der sich eigentlich unter ihrem Zottelpelz verbirgt... Papperlapapp! Ich habe diesen Kerl noch nie zu Gesicht bekommen, aber das Gerücht hält sich seit Jahren hartnäckig. Es ist mir ein Rätsel! Ich meine, der Typ ist ein Kerl! Nach der Theater-Saison könnten Sie Ihre Hütte als Ferienhaus vermieten. Interessierte Makler stehen sicher schon mit märchenhaften Angeboten auf der Matte? Hören Sie mir auf! Seitdem raus ist, dass ich mich verabschiede, flattern täglich die unmoralischsten Angebot ins Haus. Einer wollte es auf den Theaterplatz versetzen und dafür die Brauerei abreißen. Ich habe mich aber schon entschieden und werde meine geliebte Hütte mit zurück in meine Heimat nehmen. In Dresden würde sie eh nicht lange überleben. Innerhalb von zwei Tagen wäre die Bauaufsicht da und würde bemängeln, dass das Geländer am Eingang zu niedrig ist. Dann hätte die Bude binnen kürzester Zeit zwei Geländer. Nein, wirklich – vielen Dank! Nach eigenen Angaben sind Sie 753 Jahre alt. Dafür haben Sie – bis auf ein paar kleine Falten um Mund und Augen – eine noch ziemlich glatte Haut. Was tun Sie für Ihr Aussehen? Ich nehme täglich ein Schlammbad und pfeife mir zum Frühstück `nen Wodka rein. Das belebt die Haut und den Geist! Sie sind bekennende Fleischesserin, trotzdem scheinen Sie keine Gewichtsprobleme zu haben... Versuchen Sie gerade, mir Honig um die Lefzen zu knattern? Wenn Sie ein Date mit mir wünschen, müssen Sie es nur sagen. Dann dürfen sie mich gern mal ins Kempinski einladen. Nein, danke. Laden Sie mich doch lieber mal zum Abendessen in Ihr gemütliches Häuschen ein. Hexen sollen doch laut Überlieferung exzellente Köchinnen sein, verraten Sie uns Ihre Lieblingsspeise? Eichhörnchen-Ragout mit Quallenfurzpüree. Dazu ein Glas 68er Baron de Rülps. Südhang natürlich. Sie wohnen in einem fernen sibirischen Zauberwald. Wie haben Sie vor elf Jahren mitbekommen, dass in Dresden eine Hexe am Boulevardtheater gesucht wird? Mein lieber Herr Jancke, es wurde nicht eine Hexe gesucht, es ging ausschließlich um mich. Da gab es keine Alternativen. Seien wir ehrlich: Wie klingt denn das? „Bibbi Blocksberg – Geburt einer Legende", das wäre doch ein Witz! Sie haben recht. Wie ist das Casting abgelaufen? Das ging schnell. Ich habe den Gegenvorschlag des Theaters um zwei Nullen ergänzt, dann musste der Regisseur auf einem Bein seinen Namen tanzen und mir anschließend die Fußnägel feilen. Und schon war er engagiert. In den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm kommen insgesamt 50 Hexen vor, nur Sie hat man vergessen. Sind Sie deshalb sauer? Mitnichten. Und wie sie richtig sagen: Das sind alles Märchen. Ich hingegen bin aus Fleisch und Blut. Sie können gern meinen Puls fühlen. Aber nicht grapschen! Sie sind in Russland geboren, beherrschen Sie außer Deutsch noch andere Fremdsprachen? Da können Sie einen drauf lassen. Meine Faust kann Ihnen Geschichten aus aller Welt erzählen – ich nutze sie quasi als multilinguales Kommunikationsmittel. Mythen-Forscher sehen den Ursprung aller Hexen in der slawischen Waldfrau, die als unberechenbar und gefährlich galt. Was halten Sie von dieser These? Unberechenbar und gefährlich trifft es. Aber der Ursprung… Ich bitte Sie! Wer meine Biografie kennt, weiß, dass der Ursprung der Hexerei zugleich auch mein Eisprung war. Bald steht bekanntlich wieder Halloween vor der Tür. Gibt`s da auch eine große Sause? Sicher, aber nicht bei mir. Ich kann Halloween nicht leiden. Da saufen auch Amateure. Gibt es für Sie eigentlich noch Träume? Ja. Ich hoffe, dieses Interview endet bald. Ich hab heut` noch Fußpflege. Momentan ist der Hexen-Beruf am Boulevardtheater ein Fulltime-Job. Sie humpeln insgesamt 35 Mal über die Bühne. Geht das schön auf die Knochen? Das geht vor allem auf den Kopp! Gestern wollte ich `ne neue Strumpfhose kaufen. Heimgekommen bin ich mit `nem Toaster. Das ist mir früher nie passiert! Ist nach diesem Stück wirklich Schluss mit der Hexen-Karriere? Ja! Yes! Da! Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach der Karriere? Ich werde mir gepflegt `ne Flasche Wodka in den Kopf stellen, dann geh ich in den Konsum und schiebe einen Einkaufswagen in den anderen. Es fragte Hans Jancke


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