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Bei Flut und Brand im Einsatz

Meist muss erst etwas Schlimmes geschehen, bevor einschneidende Maßnahmen ergriffen werden. Im Dorf Leutewitz war es kurz nach dem Krieg ein Scheunenbrand in der Erntezeit - im Anschluss daran wurde die Freiwillige Feuerwehr gergründet.
Ehrung für 70 Jahre treue Dienste für Gründungsmitglied Gerhard Wachs (Bildmitte): Finanzbürgermeisterin Kerstin Köhler, Stadtwehrleiter Robert Gudat, der Leutewitzer Stadtteilwehrleiter Andreas Fehrmann und der stellvertretende Kreisbrandmeister Michael Beecken (v.l.n.r.).  Foto: Päsler/ Stadt Riesa

Ehrung für 70 Jahre treue Dienste für Gründungsmitglied Gerhard Wachs (Bildmitte): Finanzbürgermeisterin Kerstin Köhler, Stadtwehrleiter Robert Gudat, der Leutewitzer Stadtteilwehrleiter Andreas Fehrmann und der stellvertretende Kreisbrandmeister Michael Beecken (v.l.n.r.). Foto: Päsler/ Stadt Riesa

Am 20. Februar 1949 wurde die Wehr mit damals 19 Kameraden gegründet, vor wenigen Tagen begingen die Leutewitzer mit einer Festsitzung das 70-jährigen Bestehen. Zu Riesa gehören sie erst seit der Eingemeindung 1996, wurden damals als »Kommandostelle 8« eingegliedert. Auch in den Jahrzehnten zuvor war die Wehr vom großen Einsatz der Kameraden geprägt. Quasi ohne Technik und Ausrüstung gestartet, ging es anfangs mit den Pferdegespann zum Löscheinsatz, alarmiert wurde tatsächlich mit einem Büffelhorn, das heute noch existiert und zur Freude der Anwesenden auf der Festsitzung geblasen wurde. Die erste Tragkraftspritze TS3 war ein echter Fortschritt, aus einem schrottreifen Lkw »Steyr« wurde in Eigeninitiative das erste Einsatzfahrzeug aufgebaut, und 1958 sowie nochmals 1969 investierten die Leutewitzer tausende Arbeitsstunden in den Bau der Gerätehäuser – der Begriff »freiwillig« ist hier weit über den reinen Feuerwehrdienst hinaus gültig. Nichtsdestotrotz standen sie ihren Mann bei wichtigen Einsätzen: »Ein Scheunenbrand 1953 und die Elbeflut 1954 waren erste Bewährungsproben«, gab Chronist Wolfgang Häusler einen Einblick in frühere Zeiten. Schwierigster Einsatz war die Explosion im Riesaer Ölwerk im Februar 1979, der elf Menschenleben kostete und bei dem auch Leutewitzer Kameraden dabei waren. Die Rettung einer Rinderherde beim Jahrhunderthochwasser 2002 steht ebenso in der Chronik wie Einsätze bei den Stürmen »Kyrill« 2007 und »Friederike« 2018 oder die Hilfe nach dem Großenhainer Tornado 2010. Über viele Jahre hinweg existierten junge Brandschutzhelfer und eine Frauenlöschgruppe, die Jugendlichen errangen sogar Kreismeistertitel. Beide Gruppen haben sich in den Neunzigern leider aufgelöst. In kleineren Ortschaften ist die Feuerwehr immer auch Zentrum des gesellschaftlichen Lebens: An der Organisation des Festumzuges zum 800-jährigen Dorfjubiläum 1988 waren die Kameraden ganz entscheidend beteiligt. »Gerade in Zeiten, in denen manches anonym wird, brauchen die Menschen Dinge, die sie zusammenführen, und zur Identifikation mit der Heimat beitragen«, sagte Kerstin Köhler, Bürgermeisterin für Finanzen, Bildung, Service und Ordnung, in ihrem Grußwort. Heute sind unter Leitung von Andreas Fehrmann in Leutewitz zehn Feuerwehrmänner aktiv, neun weitere gehören der Altersabteilung an. Als Löschfahrzeug steht ein LO 2002 aus DDR-Produktion zur Verfügung. Er bekam zwischenzeitlich zwar einen leistungsstärkeren Motor, Servolenkung und eine Pumpe, ist aber dennoch das älteste im Dienst stehende Auto der Riesaer Wehr. »Zum nächsten Jubiläum haben wir hoffentlich ein moderneres Fahrzeug und auch am Gerätehaus ist etwas passiert«, wünscht sich auch Stadtwehrleiter Robert Gudat. Einer hat alles von Anfang an miterlebt und wurde für seine Verdienste ausgezeichnet: Der 88-jährige Gerhard Wachs erhielt vom sächsischen Landesfeuerwehrverband das „Ehrenkreuz für 70 Jahre treue Dienste in der Feuerwehr“ verliehen. Alle Gäste im Saal erhoben sich zum stehenden Applaus – zu Recht!


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