Matthias Stark

Luntes launige Gedichte

Radeberg. Unter dem Titel »Eine Kanonenkugel in Radeberg - Das Radeberger Kulturleben« lädt eine Sonderausstellung im Schloss Klippenstein zu einer Zeitreise ein.
Schlosschefin Dr. Karina Iwe unterstützt beim Aufbau der Sonderausstellung über das »Radeberger Kulturleben« im Schloss Klippenstein.

Schlosschefin Dr. Karina Iwe unterstützt beim Aufbau der Sonderausstellung über das »Radeberger Kulturleben« im Schloss Klippenstein.

Bild: Matthias Stark

Viele ältere Radeberger werden sich noch erinnern: die Röderstadt hatte mal eine eigene Kulturzeitschrift. Von September 1955 bis Dezember 1976 erschien das »Radeberger Kulturleben« als Heimatschrift für Radeberg und Umgebung. Einmal monatlich informierte die Schrift über das Geschehen in der Stadt, über Kulturveranstaltungen, über die Geschichte oder auch über Künstler oder Begebenheiten aus der Natur. Während der ganzen Zeit ihres Erscheinens betrug der Preis für die Zeitschrift stabil 25 Pfennige. Herausgegeben wurde sie vom Rat der Stadt zusammen mit dem damaligen Kulturbund. Die Titelseite war stets mit einem wechselnden Bildmotiv aus Radeberg gestaltet und wechselte farblich.

Die nun eröffnete Sonderausstellung im Schloss Klippenstein widmet sich ausführlich dieser kleinen Zeitschrift. Patrick-Daniel Baer hatte die Idee dazu und die Wahl, ob er sich für das Jubiläum der Ersterscheinung vor 70 Jahren oder für das der Einstellung im nächsten Jahr entscheidet. Die Wahl fiel auf ersteres. Im Bestand des Museums befinden sich mehrere komplette Sätze der Zeitschrift. Es besteht während der Dauer der Sonderausstellung die Möglichkeit, die Präsenzbibliothek im Schloss Klippenstein zu nutzen und in diesen Jahrgängen zu stöbern.

 

Werbung zum Schmunzeln

 

Da wird es viel zu entdecken geben, denn die Themenvielfalt war groß. Natürlich durften auch die damals zeitpolitisch wichtigen Themen nicht fehlen. Außerdem wurde während der ganzen Zeit seines Erscheinens im »Radeberger Kulturleben« Werbung abgedruckt. Das bietet heute einen kleinen Überblick über die damaligen, teils noch privat geführten Unternehmen und Geschäfte in der Röderstadt. Manche dieser Werbeanzeigen wird alten Radebergern ein Schmunzeln entlocken, wenn sie beispielsweise von »Foto-Schumann« lesen.

Zur Redaktion gehörte von Beginn an bis zur Einstellung der Zeitschrift der damalige Museumsleiter Rudolf Limpach. Mit ihm arbeitete ein drei- bis fünfköpfiges und ehrenamtlich arbeitendes Redaktionsteam aus wechselnden Mitgliedern und zeichnete für die Inhalte verantwortlich. Die Beiträge schrieben im Laufe der Zeit etwa 200 Autoren und Autorinnen, unter ihnen Wissenschaftler, Schriftsteller, Heimatforscher, Betriebsangehörige, Künstler, Rentner und viele mehr. Eine ganz besondere Rubrik war die »Kleine Chronik einer alten Stadt« auf dem Rücktitel, verfasst von Rudolf Limpach.

 

Kritik in Versform

 

Eine sehr beliebte Rubrik war »Die Kanonenkugel«. Sie erschein von Juli 1956 bis Dezember 1969 regelmäßig und von Januar 1971 bis Februar 1975 in loser Folge. Dabei wurden in Form satirischer Verse Missstände in der Stadt aufs Korn genommen. Die Verse wurden anfangs unter dem Pseudonym »Lunte« bis zu seinem Tod im April 1969 von Georg Banda geschrieben. Die dazugehörige Zeichnung eines Soldaten, der eine Kanone abfeuert, stammt von Willy Muschter. Die Rubrik regte zu Diskussionen an und zeigt, dass damals Kritik nötig und möglich war.

Im »Kulturleben«, wie die Radeberger die Zeitschrift zeitsparend nannten, wurden Radeberger und Dresdner Kulturtermine veröffentlicht, Jubiläen gewürdigt, bedeutende Künstler geehrt, Gedichte abgedruckt, Filme rezensiert, Bücher vorgestellt, Heimat- und Naturkunde betrieben und Regionalgeschichte geschrieben sowie aktuelle gesellschaftliche Themen und Ereignisse besprochen. Außerdem erschien zweimal jährlich ein Bus- und Zugfahrplan für die Strecke Radeberg-Dresden. Das Heft mit diesem Fahrplan war äußerst begehrt und schnell vergriffen.

Zeitgleich gibt's im Schloss Klippenstein eine zweite Sonderausstellung. Der Dresdner Grafiker Bernd Hanke zeigt unter dem Titel »Ausschnitte des Sichtbaren« Fotografik, Plakate und Grafikdesign.

Die Ausstellungen sind bis zum 10. August zu den üblichen Öffnungszeiten des Museums zu sehen. Infos unter www.schloss-klippenstein.de.


Meistgelesen