

Wie bewerten Sie persönlich das Wahlergebnis zum Deutschen Bundestag?
Siegurd Heinze: Mit Blick auf die Wahlbeteiligung ein super Ergebnis. Aber mit Blick auf die Wahlergebnisse ein Tiefschlag für die demokratische Mitte. Es kam so, wie es sich auch im Superwahljahr 2024 bereits abgezeichnet hat: Die bisherigen Regierungsparteien wurden durch den Wähler »abgestraft«. Es wird einen Neuanfang mit dem Gewinner der Wahl, der CDU, geben, jedoch wahrscheinlich mit einem Koalitionspartner der bisherigen Regierungsparteien. Bemerkenswert ist der Stimmenzugewinn bei der Partei Die Linke, den man noch vor einigen Tagen so nicht vermutet hätte. Die AfD konnte ihr Wahlergebnis zur letzten Bundestagswahl verdoppeln. Dagegen hat es für die FDP nicht mehr gereicht. Das BSW wird ebenso nicht im Bundestag vertreten sein, was es für die Arbeit der Koalition im Landtag in Brandenburg, bestehend aus SPD und BSW, auch nicht leichter macht.
Was unser Land nun braucht, ist ein Neustart im Bereich der Wirtschaftspolitik, bei der Energiewende, der Migration, den Staatsausgaben in Verbindung mit der Steuerlast für Unternehmen und Bürger und ganz wichtig, ein Grundvertrauen zum Regierungshandeln und zur Demokratie. Wichtig erscheint mir ebenfalls, dass Zusammenhänge und Prozesse in unserem Land und Einflüsse von außen klar und unmissverständlich benannt und auch erklärt werden.
Mit dem bundesweiten Wahlergebnis gilt es nun, zeitnah eine trag- und arbeitsfähige Koalition zu bilden.
Inwiefern wird das Wahlergebnis Auswirkungen auf Ihre Kommunalpolitik im Landkreis haben?
Unabhängig vom Ergebnis und einer Koalitionsbildung, erhoffe ich mir und appelliere an die nun gewählten Entscheidungsträger im Bundestag, dass die Belange der Landkreise und die kommunalen Bedarfe und Probleme ernstgenommen werden, etwa im Hinblick auf die Finanzausstattung mit Mehreinnahmen für die Kommunen oder Veränderungen bei der Migrationspolitik. Aber auch Sozialausgaben, Bürokratieabbau, Energiepreise, Wirtschaftsentwicklung etc. sind als wichtige Themen zu benennen.
So wie bisher geht es jedenfalls nicht weiter, das führt zu Stillstand und in eine Sackgasse. Das ist keine neue Erkenntnis und fordern die Landkreise schon seit mehr als zwei Jahren, wurden jedoch nicht erhört. Jetzt hat sich der Wähler zu Wort gemeldet.
Wie bewerten Sie jetzt nach der Wahl die politische Zukunft in Deutschland?
Die politische Zukunft Deutschlands hängt von vielen Faktoren ab, dazu zählen auch wirtschaftliche Entwicklungen, gesellschaftliche Herausforderungen und die internationale Lage. Die Wahlergebnisse zeigen, dass es eine breite politische Landschaft gibt. Sie übermitteln aber insbesondere auch die wichtige Botschaft: Deutschland bleibt weiterhin demokratisch. Zugleich erfährt unser Land eine deutliche politische Neuausrichtung, zu der man sich in anstehenden Koalitionsverhandlungen verständigen wird. Wichtig ist und bleibt, dass das Führen von konstruktiven Diskursen und schnelle Lösungsfindungen die gemeinsamen Leitgedanken bilden.
Inwiefern erwarten Sie grundlegende Veränderungen im Miteinander von Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik?
Das angesprochene Miteinander ist und war gegeben und ist nicht zuletzt auch verfassungsrechtlich geregelt. Grundlegende Veränderungen der jeweiligen Zuständigkeiten sind nicht zu erwarten. Notwendig erscheinen mir mit Blick auf das Vorankommen weniger Regulatorik von »oben« durch mehr Möglichkeiten zur Selbstverwaltung von »unten«, also bei den Landkreisen und Kommunen. Die Finanzströme müssen dem folgen, dann können wir auch eine verbesserte Handlungsfähigkeit der gemeindlichen Haushalte mit zum Beispiel einer Verbesserung der Infrastruktur erreichen.
Sie sind nicht nur Landrat im Landkreis Oberspreewald-Lausitz, sondern auch Vorsitzende des Landkreistages Brandenburg. Wie groß ist jetzt nach der Wahl Ihre Hoffnung, dass der Forderungskatalog, den der Deutsche Landkreistag Anfang des Jahres den Bund vorgelegt hat, Gehör findet? Die Landkreise fordern darin unter anderem eine drastische Verbesserung ihrer finanziellen Ausstattung, um ihre Aufgaben bewältigen zu können. Sie verlangen mehr finanzielle Mittel, weniger Regulierung und mehr Entscheidungsfreiheit.
Unsere Forderungen sind nicht nur berechtigt, sie sind vor allem erforderlich und auch notwendig. Wir sind uns im Landkreistag einig, auch über Parteigrenzen hinweg, dass dringend gehandelt werden muss, um unser Land voranbringen zu können. Kommt man seitens des Bundes diesem geradezu Weckruf nicht nach, blendet man für weitere 4 Jahre die kommunale Ebene weiter aus, sind erhebliche Verwerfungen in der Wirtschaft, dem sozialen Miteinander aber auch der politischen Ausrichtung unseres Landes zu befürchten. Was wir brauchen ist keine Ankündigungspolitik, sondern ein wirksames Handeln aller Verantwortungsträger. Ich bin der Auffassung, dass diese Erkenntnis immer mehr um sich greift. Daher habe ich nicht nur die Hoffnung, ich bin darüber hinaus zuversichtlich, dass die Belange der Landkreise erhört werden.