

Die betroffenen Eltern wurden über die geplante Zusammenlegung mittels Schreiben vom 30. März informiert. Wie Lysann Lange und Mangy Berger, Elternsprecher der Klasse 3b und Klasse 3a, berichten, sind zurzeit die drei 3. Klassen 57 Schüler stark. »Diese auf zwei Klassen verteilt würden einmal 28 Kinder und einmal 29 Kinder pro Klasse ergeben - und das ohne mögliche Rücksteller aus den jetzigen 4. Klassen oder mögliche Zuzügler beziehungsweise Flüchtlingskinder.
Die angedachten beiden 4. Klassen wären viel zu groß, um gutes Lernen zu ermöglichen«, erklären Lysann Lange und Mandy Berger ihre Bedenken. Sie mahnen weiterhin an, dass es bereits jetzt aufgrund der zurückliegenden Corona-Pandemie, den erfolgten Schulschließungen sowie Homeschooling im Wechselmodell Schüler mit psychologischen Auffälligkeiten in den 3. Klassen gibt, die sich in Behandlung befinden würden. Andere Schüler hätten erhebliche Lernschwierigkeiten. Es gebe außerdem Schüler ohne Deutschkenntnisse und welche, die auf eine besondere, individuelle Hilfe angewiesen seien und von einer Einzelfallhelferin betreut werden. »Zudem ist die Elsterlandgrundschule eine inklusive Grundschule, wo die Klassenfrequenz von 25 Schülern nach unserer Kenntnis nicht überschritten werden sollte«, erzählen sie und berichten, dass sie sich große Sorgen um die betreffenden Schüler machen.
»Sie werden durch das Aufteilen und neue Zusammenstellen der Klassen unserer Ansicht nach einer unnötigen psychischer Belastung ausgesetzt. Wichtige, bestehende Elemente des Schul- und Unterrichtsalltages wie Freundschaften, Horterzieher, Projekttage und Klassenfahrten werden zerrissen.« Wie Mandy Berger sagt, richtet sich die Petition an das Schulamt Cottbus sowie an das Bildungsministerium Brandenburg und läuft zwei Monate. Bisher gibt es 754 Unterstützer. »Es geht darum zu zeigen, dass nicht nur wir Eltern dagegen protestieren, sondern, dass wir eine breite Unterstützung erfahren.«
Jetzt waren Eltern mit Unterstützer in Potsdam vor Ort und haben ihre Petition sowie Bilder und Briefe von Schülern an Kristy Augustin, Vorsitzende des Bildungsausschusses des Landes Brandenburg, übergeben. »Wir konnten auch kurz mit Brandenburgs designierten Bildungsminister Steffen Freiberg und weiteren Abgeordneten sprechen. Es war toll, dass sie uns zugehört haben. Ich bin aktuell zuversichtlicher als noch Anfang April«, sagt Mandy Berger und fügt an, dass sie weiter aktiv bleiben und etwa am 14. Mai zum Tag der Nachbarn auf der Vereinsmeile vor Ort sind.
Laut dem Bildungsministerium des Landes Brandenburg befindet sich die Klassenbildung an der Elsterlandgrundschule in der Planungsphase beim Staatlichen Schulamt. »Zu Klassenstärken können wir aktuell keine Angaben machen. Es handelt sich um einen üblichen Planungsprozess zu dieser Zeit im Schuljahr. Das staatliche Schulamt wägt zur Klassenbildung jedes einzelnen Standortes die schulentwicklungsplanerischen und stellenwirtschaftlichen Belange ab. Dieser Prozess ist nicht abgeschlossen. Die öffentlich geäußerte Unterstellung, Schulamt oder MBJS würden Lehrkraftstellen ›einsparen‹ – also reduzieren – weisen wir zurück«, informiert MBJS-Sprecher Alexander Engels. Für Schulen für gemeinsames Lernen sei in der entsprechenden Verwaltungsvorschrift eine Höchstzahl für Schüler in Klassen festgelegt worden. Allerdings könne laut Engels in Einzelfällen bei notwendiger Überschreitung der Klassenfrequenz 25 durch das staatliche Schulamt eine weitere Stundenzuweisung erfolgen.
Kathrin Dannenberg, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag Brandenburg, war im April während einer Elternrunde an der Elsterlandgrundschule vor Ort. WochenKurier befragte sie zum Thema.
Wie bewerten Sie den aktuellen Sachstand hinsichtlich der Aufteilung der drei 3. Klassen zu zwei 4. Klassen?
Diese Schule ist eine Schule des Gemeinsamen Lernens, alle- Lehrkräfte, Eltern, die Stadt- haben sich für dieses Konzept engagiert. Dafür braucht es kleine Lerngruppen. Den Kindern in ihrer Unterschiedlichkeit kann man nur mit einer entsprechenden Personalausstattung gerecht werden. Das ist nun für diese Klassenstufe in Gefahr. Hinzu kommt, dass genau dieser Jahrgang extrem durch die Pandemie betroffen war. Jetzt so eine Entscheidung zu treffen, ist eine Entscheidung vom Schreibtisch aus und geht an den Bedürfnissen der Kinder vorbei. Dies gilt es zu verhindern und nach Lösungen zu suchen. Und die gibt es.
Welche Stimmung herrschte am Dienstagabend, 18. April, in Herzberg?
Die Eltern waren über die geplante Maßnahme fassungslos, manche wütend, viel Kopfschütteln war zu sehen. Einige Eltern machten deutlich, dass sie sich große Sorgen machen, was die Entwicklung ihrer Kinder betrifft. Die Eltern haben sich gemeinsam mit politischen Vertreter*innen der Kommune, des Kreises, des Bürgermeisters der Stadt Herzberg und mit uns als Landtagsabgeordnete - meine Person und Ilona Nicklisch - in einer sehr sachlichen Atmosphäre ausgetauscht. Das Ziel wurde eindeutig formuliert: Wir wollen nicht resignieren und einfach hinnehmen, dass die Klassen zusammengelegt werden. Wir wollen etwas tun, für die Kinder, für die Schule. Gemeinsam hat man Aktionen geplant und Argumente gesammelt, um gegenüber dem Bildungsausschuss in einem Brief begründen zu können, warum diese Maßnahme dem erfolgreichen Lernen der Kinder und vor allem auch der Freude an der Schule entgegensteht.
Was haben Sie von diesen Termin mitgenommen?
Ich habe gespürt, wie wichtig es ist, mit den Menschen zu reden. Wenn die Leute- sowohl Eltern als auch Lehrkräfte einfach vor vollendete Tatsachen gestellt werden, niemand da ist, der erklärt oder begründet, dann brauchen wir uns nicht wundern, warum die Leute Vertrauen in die Politik verlieren. Im Vorfeld war ich mit den Eltern in Kontakt. Die Linksfraktion und Fraktion BVB Freie Wähler haben einen Tagesordnungspunkt im Ausschuss angemeldet. Der designierte Bildungsminister Freiberg muss über die Situation berichten und deutlich machen, was aus Sicht der Landesregierung getan werden soll.
Wie könnte den betroffenen Eltern der aktuellen 3. Klassen und ab Sommer 2023 dann 4. Klassen geholfen werden bzw. was raten Sie den Eltern, was sie selbst tun könnten?
Die Eltern haben eine Petition gestartet. Die Unterschriften haben sie jetzt Vertretern des Petitionsausschusses überreicht. Gemeinsam sind sie mit dem Bürgermeister nach Potsdam gefahren. Die Kinder haben Briefe geschrieben, die übergeben wurden. Die Eltern haben in den sozialen Medien auf das Problem sehr kreativ aufmerksam gemacht. Das ist gut so, denn Politik braucht kein Stillhalten, sondern Menschen, die klar und deutlich auf Probleme hinweisen und bereit sind auch gemeinsam Lösungen zu finden.
Welche anderen Lösungsansätze sehen Sie?
Die Eltern haben getan, was in ihren Möglichkeiten steht. Jetzt ist der Landtag, sind politische Vertreter gefragt. Fakt ist, wenn wir Inklusion ernst nehmen wollen, dann müssen wir auch so handeln. Notwendiges Personal wäre an der Schule vorhanden. Es gibt also keinen Grund hier Klassen zusammen zu legen. Diese Fragen werden wir im Ausschuss besprechen und sicher durch die Landesregierung Antworten bekommen. Eines ist nicht von der Hand zu weisen: Wir stehen derzeit und in den nächsten Jahren vor einem enormen Fachkräftemangel- in Schule und Kita. Darauf hat meine Fraktion und ich als bildungspolitische Sprecherin schon von Beginn dieser Legislatur konsequent aufmerksam gemacht. Wir haben mehrfach Vorschläge unterbreitet, was zu tun wäre. Leider hat die Koalition aus SPD, CDU und Grünen diese Vorschläge abgelehnt und selbst keine Strategie vorgelegt. Das ist ein Desaster. Deutlich wurde das auch durch den Rücktritt der Ministerin.