

Dieses historische Ereignis, das sich in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs zutrug, ist bis heute tief im kollektiven Gedächtnis der Region verankert – nicht zuletzt, weil das Gedenken daran unmittelbar nach Kriegsende begann und in Tröbitz über Generationen hinweg lebendig geblieben ist.
An der diesjährigen Gedenkveranstaltung nahmen Überlebende, Nachkommen von Überlebenden, Zeitzeugen sowie Bürgerinnen und Bürger aus Tröbitz teil. Auch Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Diplomatie waren anwesend: unter ihnen Landrat Christian Jaschinski (Elbe-Elster), Staatssekretär David Kolesnyk (Staatskanzlei Brandenburg), Ran Ronen vom Zentralrat der Juden in Deutschland sowie Anan Zen von der israelischen Botschaft.
Nach den offiziellen Kranzniederlegungen an der Kirche und dem jüdischen Friedhof fand eine Gedenkveranstaltung in der Evangelischen Grundschule Tröbitz statt. In bewegenden Redebeiträgen betonten die Sprecher die bleibende Verantwortung aller Generationen, das Gedenken an die Opfer wachzuhalten. Die Geschichte des »Verlorenen Transports« sei Mahnung und Vermächtnis zugleich – eine Erinnerung daran, wozu Menschen im Zeichen von Hass und Ideologie fähig sind, aber auch ein Zeichen der Menschlichkeit, Solidarität und Hoffnung in dunkler Zeit. Landrat Jaschinski dazu in seinem Grußwort: »Wir dürfen nicht zulassen, dass Hass und Ausgrenzung in unserer Gesellschaft Wurzeln schlagen. Die Menschlichkeit muss stets unser höchster Maßstab bleiben – für jeden Einzelnen.«
Tröbitz hat über Jahrzehnte hinweg eine einzigartige Verbindung zwischen den damaligen Opfern und der heutigen Dorfgemeinschaft bewahrt. Diese gelebte Erinnerungskultur ist ein Beispiel für den verantwortungsvollen Umgang mit Geschichte – und ein Aufruf an kommende Generationen, das Wissen um die Verbrechen der NS-Zeit zu bewahren und jedem Versuch der Relativierung entschieden entgegenzutreten. Anan Zen, der Vertreter der israelischen Botschaft, machte deutlich, was sich im Verlauf der letzten 80 Jahre verfestigt hat: »Für die Geretteten und Hinterbliebenen wird Tröbitz immer das Dorf der Rettung bleiben.«
Gerade heute, in einer Welt, die wieder zunehmend von Krieg, Antisemitismus und politischer Radikalisierung erschüttert wird, ist das Erinnern nicht nur eine historische Aufgabe, sondern ein Fundament unserer demokratischen Gegenwart.
Hintergrund
Der »Verlorene Transport« war einer von drei Zügen, mit denen die SS im April 1945 insgesamt rund 6.800 jüdische Häftlinge aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen in Richtung Theresienstadt deportieren wollte. Viele von ihnen waren als sogenannte »Austauschjuden« Geiseln im Machtkalkül des untergehenden NS-Regimes. Während ein Zug sein Ziel erreichte und ein weiterer bei Magdeburg befreit wurde, blieb der dritte Transport bei Tröbitz liegen. In den frühen Morgenstunden des 23. April 1945 entdeckten Soldaten der Roten Armee die versiegelten Waggons – darin über 2.000 schwerkranke, ausgehungerte und entkräftete Menschen. Für viele kam jede Hilfe zu spät.