Rainer Könen

»Wille zur Kommunikation ist vielfach nicht da«

Kamenz. Unter Nachbarn kommt es oft zu Streitigkeiten. Warum das so ist, welche Lösungen es gibt, darüber sprach der WochenKurier mit dem Kamenzer Friedensrichter Klaus Bach.

Seit knapp drei Jahren im Amt: der Kamenzer Friedensrichter Klaus Bach.

Seit knapp drei Jahren im Amt: der Kamenzer Friedensrichter Klaus Bach.

Bild: privat

Herr Bach, Sie sind seit knapp drei Jahren Friedensrichter in Kamenz. Was war bisher Ihr schwierigster Fall?
Den »schwierigsten Fall« gibt es so nicht. Alle Fälle sind durch ihre besonderen Eigenarten und Hintergründe geprägt. Die größte Schwierigkeit ist in fast allen Fällen, die Unfähigkeit oder der Unwille, zu kommunizieren.

Anders ausgedrückt: Würde man mehr miteinander reden, gäbe es vermutlich weniger Streitfälle. Warum redet man in der heutigen Zeit so wenig miteinander?
Eines vorweg: Miteinander zu reden, ist der wichtigste Ansatz bei Problemen jeder Art. Die meisten Menschen gehen lösungsorientiert an Konflikte, reden jedoch meistens aneinander vorbei, hören sich nicht an, urteilen zu schnell.

Was sind die häufigsten Gründe, weshalb sich Nachbarn in die Haare bekommen?
Da gibt es viele, oft sind es Streitigkeiten, die mit der Bepflanzung von Grundstücksgrenzen im Zusammenhang stehen.

Welche Vorteile hat eine Schlichtung gegenüber einem Gerichtsverfahren?
Nun, da ist der Konsens das große Ziel. Es gilt zwei Stadien zu betrachten, die ihre eigene Dynamik haben. Da ist auf der einen Seite die emotionale Komponente, auf der anderen die Sachebene mit dem eigentlichen Konflikt. Bei Gericht hat die emotionale Komponente keinen Platz, geht es ausschließlich um die Sachebene. Daher sollte eine emotionale Lösung vor der sachlichen Betrachtung stattfinden. Ganz wichtig: Erst wenn die Beteiligten sich beruhigt haben, sind sie offen für eine sachliche Klärung. Im Übrigen ist eine Schlichtung kürzer als ein Prozess.

Wie läuft eine Schlichtung bei Nachbarschaftskonflikten ab? Ordnet ein Gericht sie an oder kommen die Menschen von sich aus zu Ihnen?
Schlichtungen werden grundsätzlich von den betroffenen Parteien initiiert. Im ersten Schritt telefoniere ich mit der Person, die mich kontaktiert, muss bei mir ein Antrag für ein Schlichtungsverfahren gestellt werden. Dann mache ich einen Termin mit allen Beteiligten. Wir vereinbaren einen Arbeitsrahmen, wo wir uns treffen, wer die Kosten dieser Schlichtung trägt (in der Regel werden sie hälftig geteilt). Nach einer Einigung werden die Vereinbarungen von den Betroffenen in der Regel noch mal kontrolliert.

Kommt es vor, das bei solchen Gesprächen auch Beleidigungen fallen?
Ja, das kommt vor. Ist auch abhängig, ob und inwiefern sich die Emotionen bei den Beteiligten beruhigt haben.

Streiten sich Nachbarn auf dem Land über andere Dinge als in der Stadt?
Meist ja, da es im städtischen Bereich weniger Grenzstreitigkeiten gibt. Im städtischen Bereich geht es häufiger um Beleidigung, Herabwürdigung der Person oder finanzielle Angelegenheiten.

Was kostet eine Schlichtung?
Das ist unterschiedlich. Die Kosten für eine von mir vorgenommene Schlichtung als Friedensrichter liegen zwischen 50 und 70 Euro.

Wie kann man vermeiden, dass es in der Nachbarschaft überhaupt zu Streit kommt?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Ich beschreibe es mal so: Die meisten Konflikte bauen auf einer Wertung auf. Wenn wir uns alle mit mehr Achtung, Respekt und Höflichkeit begegneten und das als Grundlage für ein gemeinsames Zusammenleben akzeptierten, wären damit zwar nicht alle Konflikte aus der Welt, aber zumindest wäre vieles hilfreicher um Umgang miteinander. Letztendlich sind Gesetze, Verordnungen und Gebote dafür da, um miteinander leben zu können. Es geht nicht darum, das jeder Mensch machen kann was er will, sondern dem übergeordnetem Prinzip einen angemessenen Raum zu geben. Damit wir in Frieden, Ruhe und Selbstbestimmtheit agieren und leben können.


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