Matthias Stark

Sachsens Wildnis-Schatz

Königsbrück. Die Königsbrücker Heide ist der größte unzerschnittene Landschaftsraum im Freistaat und Rückzugsgebiet für zahlreiche Tierarten.

Vom 34 Meter hohen Haselbergturm haben Besucher einen großartigen Überblick über das Naturschutzgebiet.

Vom 34 Meter hohen Haselbergturm haben Besucher einen großartigen Überblick über das Naturschutzgebiet.

Bild: Matthias Stark

Das nördlich von Königsbrück liegende Naturschutzgebiet ist ein ganz besonderes Kleinod mit einer bewegten Geschichte. Ursprünglich über Jahrhunderte hinweg von Heidebauern genutzt, entstand hier ab 1907 ein riesiger Schieß- und Truppenübungsplatz. Drei Dörfer mussten diesem weichen, es entstanden devastierte Orte. Späte,r nach Übernahme durch die Wehrmacht, kamen sieben weitere Orte hinzu. Nach dem zweiten Weltkrieg nutzen sowjetische Truppen das Gelände weiter als Übungsplatz. Es gilt als hochgradig mit Kampfmittel belastet. Durch den ständigen Betrieb kam es zur großflächigen Zerstörung der Vegetation.

 

Einzigartiges aus zweiter Hand

 

Nach dem Abzug der Truppen im Jahr 1992 blieb eine riesige Brache zurück, die zeitnah unter Schutz gestellt wurde. Das heutige Schutzgebiet hat eine Größe von rund 7.000 Hektar, das entspricht in etwa 10.000 Fußballfeldern. Es gilt ein striktes Betretungsverbot für die Kernzone, auf ausgewiesenen Wanderrouten ein strenges Wegegebot. Mittlerweile haben sich hier viele Arten angesiedelt, die in der normalen Kulturlandschaft nicht oder nur selten vorkommen.

Der Leiter der Verwaltung des Naturschutzgebietes, Christian Starke, sagt: »Hier ist nach der starken Nutzung durch den Menschen eine sekundäre Wildnis entstanden«. Das sei ein wertvoller Lebensraum, eine Mischung aus Offenland und bis zu 30 % nasser Flächen. Sie bieten Platz für seltene Insekten wie verschiedene Käferarten genauso wie für Wolf, Otter und Biber. »Es ist eine Besonderheit, dass sich verschiedene Lebensräume abwechseln«, so Christian Starke. Die Königsbrücker Heide ist das einzige von der Weltnaturschutzorganisation IUCN anerkannte Wildnisgebiet in Deutschland.

Hier erfolgt auch ein flächendeckendes Monitoring und die Erforschung, wie sich ein sich selbst überlassenes Gebiet entwickelt. So hatte man erwartet, dass sich zunächst sogenannte Pionierpflanzen wie Birken, Kiefern und Zitterpappeln ansiedeln würden. Das ist auch eingetreten, jedoch haben sich bereits früh auch Eichen ausgebreitet, was so nicht vorauszusehen war. Verantwortlich dafür ist unter anderem der Eichelhäher, welcher bis zu 10 Kilogramm Eicheln in mehreren tausend Verstecken verteilt. Bei der ungestörten Entwicklung des Schutzgebietes gibt es Gewinner und Verlierer, wobei der Ausgang offen ist.

 

Einblicke sind möglich

 

Da nur ein kleiner Teil am Rand der Königsbrücker Heide für die Öffentlichkeit zugänglich ist und ansonsten das Betretungsverbot gilt, bietet die Verwaltung des Naturschutzgebietes geführte Bustouren an. Auf diesen können Besucher ausgewählte Bereiche kennenlernen, die sonst unerreichbar sind. Es ist geplant, ab dem Frühjahr bis zu vier solcher Bustouren pro Woche durchzuführen. Gebucht werden können diese über den Onlineshop des NSG-Verwaltung.

Am Rand des Schutzgebietes gibt es für Besucher auch die Möglichkeit, selbst auf Wanderschaft zu gehen. Auf dem 4,5 Kilometer langen Rundweg »Turmpfad« erreicht man den 34 Meter hohen Haselbergturm, der einen grandiosen Überblick über das Gelände ermöglicht. Ebenso bieten ein Biberpfad in kurzer und langer Variante sowie der Zschochauer Heidepfad Wissenswertes zum Naturschutzgebiet, diesem Freiluftkino der Natur.

Auch das liebevoll ausgestattete NSG-Besucherzentrum lädt zum Besuch ein. Infomaterial und Anmeldung für Bustouren unter www.nsgkoenigsbrueckerheide-gohrischheide.eu.


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