Klaus Wilke

Von Kopf bis Fuß . . . 

Richard Fuchs - wunderbarer Debütant gestaltet Hollaender-Revue

 

Richard Fuchs im der Revue "Tingel-Tangel"

Richard Fuchs im der Revue "Tingel-Tangel"

Bild: Steffen Rasche

Ein neues Gesicht? Nein, er hat es schon seit 25 Jahren (kleiner Scherz). Neu ist er aber im Ensemble des Senftenberger Theaters: Richard Fuchs. Hier in der neuen Bühne debütierte er am 27. September 2024 in dem Stück "Wellen schlagen", einem Teil des die Spielzeit eröffnenden Festspiels "Werkstatt Theater". Mittlerweile hat der junge Mann seine zweite Premiere hinter sich: "Tingel-Tangel - eine Friedrich Hollaender Revue".


Friedrich Hollaender, der von 1896 bis 1976 gelebt hat, war ein ungeheuer produktiver und kreativer Komponist, Kabarettist und Chansonschreiber, in dessen Leben und Werk diese Revue blicken lässt. Wie das Richard Fuchs macht, das muss man gesehen und gehört haben. Stilvoll und mit klarer, kräftiger, aber sehr wandlungsfähiger Stimme, dazu mit beeindruckendem Minenspiel und starker Gestik "reanimiert" er den großen Künstler des vorigen Jahrhunderts, der nicht nur tot, sondern weitgehend vergessen ist. Seinen Texten und Melodien gibt Fuchs Atem und Frische und Bewegung, dass man nur eines sagen kann: Hollaender lebt wieder! Das geht unter die Haut, ans Herz, aber auch an das Zwerchfell und das Gemüt. Schon der Beginn ist ein Paukenschlag. Da scheut er sich nicht, die femme fatale zu geben, indem er das durch Marlene Dietrichs berühmt gewordenen Chanson "Ich bin die fesche Lola, der Liebling der Saison" intoniert. Auch "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" darf nicht fehlen. Ohrwurm reiht sich an Ohrwurm.


Wen will es verwundern, dass manchem dieser Fuchs als "Goldkehlchen" gilt. Aber wo kommt er eigentlich her? In einem Gespräch vor der Premiere gab er uns Auskunft. Er ist ein waschechter Lausitzer und zusammen mit seinem Zwillingsbruder Anton in Hoyerswerda geboren. Schon in der Coppi-Grundschule Lauta und im Lessing-Gymnasium Hoyerswerda in entsprechenden Arbeitsgemeinschaften sowie im JugendSpielClub der neuen Bühne haben sie Theaterluft geschnuppert. Ein erfolgreiches Casting führte beide zu den Krabat-Festspielen Schwarzkollm.


"Ich liebe die Lausitz, ihre Geschichte und ihre Mythen, die Landschaft und ihre Menschen", erzählt Richard. "Und den Krabat zu spielen war für mich wie ein Traum", erzählt Richard. "Darzustellen, wie Krabat mit seiner privaten Magie, mit Wissensdurst und Lebenslust diese Region bewegte, war eine tolle Aufgabe. Könnte so was nicht zur Lebensaufgabe werden?", fragte er sich. An der Hochschule Osnabrück ließ er sich zum Musicaldarsteller ausbilden. Richard und Anton wirken übrigens auch in einem Film mit. "Leben ist jetzt: Die Real Life Guys" kommt am 16. Januar 2025 in die Kinos.


Und so steht er nun auf dem Podest der neuen Bar im Senftenberger Theater und gestaltet einen Abend, der wenig Zubehör (ein paar Bücher, ein paar Stühle, ein paar Kleidungsstücke zum Wechseln) braucht. Regisseurin Nicole Felden (auch Fassung und Bühnenbild) legt den Fokus ganz auf die Person und die vielen bekannten berühmten Frauen und Männer um Friedrich Hollaender. So entsteht ein erstaunlich gutes Zeitbild aus der Weimarer Republik mit dem Schicksal eines jüdischen Künstlers im Mittelpunkt, der der schrecklichen Judenverfolgung durch die Nazis nach Amerika und Hollywood entkam. Die Pianistin Saessak Shin ist der Ein-Mann-Show eine charmante und aufmerksame Begleiterin, die dem Witz und der Weisheit der Lieder mit ihren Mitteln erleben lässt.


Ein 25-Jähriger porträtiert einen Künstler, der hundert Jahre vor ihm geboren wurde. Wie geht das? Richard Fuchs: "Mit viel Lesen, Gesprächen mit älteren Menschen, die jene Zeit erlebt haben oder ihr näher waren als ich. Die Regisseurin hatte eine klare Linie. Schließlich war Friedrich Hollaender ein beeindruckender Künstler und ließ sich nicht unterdrücken. Er hat Witz und Charme nie verloren, hatte immer den Schalk im Nacken. Es gelang ihm trefflich, mit Humor, Ironie und Satire Menschen nachdenklich zu machen und sie zusammenzubringen. Wenn man in seine Zeit eintaucht, bemerkt man, wie aktuell vieles ist. Wie er mit ironischem Augenzwinkern mit ,An allem sind die Juden schuld' den eskalierenden Antisemitismus geißelt, erzeugt Frösteln."
Ein junger Sänger und Schauspieler spielt sich in die Herzen seines Publikums.


"Tingel-Tangel" steht wieder im Spielplan am 28. November, 20. und 25. Dezember sowie am 25. Januar. Wir werden Richard Fuchs bald auch in neuen Aufgaben sehen: in der Musicalkomödie "Der kleine Horrorladen" (Premiere 22. Februar) und in "Eine Woche voller Samstage" (Amphitheater ab 22. Juni) und wieder unsere Freude an ihm haben; denn er ist offensichtlich . . . von Kopf bis Fuß auf Musical eingestellt.

 


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