Eine entsprechende Beschlussvorlage brachten jetzt gemeinsam Gerd Rothaug (Fraktionsvorsitzender Freie Wähler/LWG/Hz), Joachim Pfützner (Fraktionsvorsitzender DIE LINKE) und Uve Gliemann (Fraktionsvorsitzender LUN/UWG/BfF) im jüngsten Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport ein. Ihre Vorlage sieht vor, die im Landkreis Elbe-Elster tätige Schulgesundheitsfachkraft für das Jahr 2022 weiter zu finanzieren und die dafür nötigen Mittel in Höhe von 45.000 Euro in den Kreishaushalt für 2022 einzustellen. Die Finanzierung habe im Jahr 2022 so lange zu erfolgen, bis die Landesregierung eine Weiterfinanzierung geklärt habe.
Kinder sind die Leidtragenden
»Wir sollten bei Kindern nicht sparen, nur weil sich das Land aus der Förderung verabschiedet hat. Am Ende sind sie die Leidtragenden, weil sie die Leistung nicht mehr angeboten bekommen«, sagt Gerd Rothaug. »Das Projekt ist gut angekommen. Das haben wir aus Gesprächen mit der Schulleitung der Grundschule in Rückersdorf und Eltern erfahren.« Zudem verweist er auf eine positive Evaluationsstudie zu den Gesundheitsfachkräfte. Diese hätten nicht nur die gesundheitliche Akut- und Unfallversorgung aller Schüler sowie die medizinische Versorgung aller mit psychosomatischen Krankheitsbildern und auch chronischen Krankheiten übernommen. Sie seien oftmals auch erste Vertrauenspersonen bei kleinen psychosozialen Sorgen und unspezifischen Schmerzen. Nicht zu vergessen sei ihre Präventionstätigkeit in den Bereichen Gesunde Ernährung, Gesunderhaltung durch Bewegung und Bewusstsein über den eigenen Körper und Hygiene ab der 1. Klasse. »Um diese wichtigen und fortschrittlichen Schulgesundheitsfachkräfte an unseren Schulen zu erhalten, ist eine kurzfristige Kostenübernahme des Landkreises erforderlich«, betonen die Antragssteller in ihrer Beschlussvorlage. Für Dr. Sebastian Rick (CDU), Ausschussvorsitzender, ist es zwar unverständlich, dass das Land ein Projekt anschiebt und es dann nicht fortführt: »Doch der Landkreis kann nicht für alles einspringen.«
Landkreis ist nicht in der Pflicht
Laut Torsten Hoffgaard, Pressereferent des Landkreises Elbe-Elster, hat die Landesregierung sich im Zuge der Haushaltsdebatte für das Jahr 2022 kurzfristig darauf verständigt, das Modellprojekt Schulgesundheitsfachkräfte – trotz positiver Evaluationsstudie - nicht zu verlängern. »Hier liegt die Verantwortlichkeit eindeutig beim Land, das aus Haushaltsgründen Abstand von seinem ursprünglichen Vorhaben nimmt. Einen Automatismus, dass nun einfach der Landkreis einspringen muss, gibt es nicht. Der Landkreis ist weder von der Aufgabenwahrnehmung noch von der Finanzierungsverantwortung in der Pflicht. Zuständig sind die jeweiligen kommunalen Schulträger, die prüfen müssen, ob sie das Modellvorhaben an ihren Grundschulen ohne Landesunterstützung weiterführen wollen. Diese Entscheidung kann ihnen der Landkreis nicht abnehmen«, informiert Torsten Hoffgaard.
Corina Langer, Schulleiterin der Grundschule Rückersdorf, und die Schülsprecher der Einrichtung wollen jedoch weiter um ihre Schwester Anne kämpfen, denn die Schulgesundheitsfachkraft fehlt auch an der Grundschule in Rückersdorf. »Unsere Schüler sind traurig und fragen, wann sie wiederkommt«, berichtet Langer. Wie sie sagt, haben Elternvertreter der Grundschule Rückersdorf einen offenen Brief an die Mitglieder der Ausschüsse für Bildung, Kultur und Sport sowie für Familie, Soziales und Gesundheit des Landkreises Elbe-Elster geschrieben. Darin betonen sie, dass die »...Schulgesundheitsfachkräfte einen wesentlichen Beitrag für die Gesunderhaltung der Schüler leisten.« Die Unterzeichner des Briefes bitten darum, »...ein wohlverdientes Projekt am Leben zu erhalten, es vorübergehend zu finanzieren und zukünftig um dessen Verstetigung an allen Schulen zu kämpfen.«
Corina Langer: »Unsere Schulgesundheitsfachkraft Schwester Anne hat sich um alle medizinischen und seelischen Probleme von Schülern gekümmert und stand dazu im Austausch mit den Eltern. Durch Schwester Anne haben sich vor allem auch die Einsätze von Rettungswagen minimiert, die wir früher zur Abklärung von Verdachtsfällen gerufen haben. Mit ihr war eben Fachpersonal an unserer Schule.« Zudem sei gerade in der Zeit der Corona-Pandemie Schwester Anne ein wichtiger Bezugspunkt für die Schüler gewesen.
Thema im Amtsausschuss
Auch der Bürgermeister der Gemeinde Rückersdorf, Georg Zörner, befürwortet eine solche Stelle an seiner Schule. Er hat eine entsprechende Petition zwar mitunterschrieben, gibt aber zu bedenken, dass eine Finanzierung seitens der Kommune, sprich Amt Elsterland, den Haushaltsetat sprengen würde. »Wir haben das Problem bereits im Amtsausschuss gründlich besprochen. Realistisch gesehen können wir uns eine derartige Vollzeitstelle ohne Unterstützung vom Land aber einfach nicht leisten, so sehr ich es mir auch für unsere Schule wünschen würde«, sagt Zörner.
Sparzwang auf Landesebene
»Aufgrund der angespannten Haushaltslage und den Sparvorgaben musste man sich auf eine Prioritätssetzung verständigen«, berichtet Gabriel Hesse, Pressesprecher des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg auf WochenKurier-Nachfrage. »Die erheblichen Sparzwänge haben die Handlungsspielräume deutlich eingeengt, alle Ausgaben mussten kritisch überprüft werden, sodass dafür im Zuge der Verhandlungen über den Landeshaushalt 2022 keine Haushaltsmittel für einen regelhaften Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften generiert werden konnten. Auch außerhalb des Landeshaushaltes stehen keine weiteren Finanzierungsmittel, wie zum Beispiel nach dem SGB V, zur Verfügung, so dass ein regelhafter Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften nicht umsetzbar ist«, erklärt Hesse.
Für gleichwertige Bedingungen sorgen
Die oppositionelle Linksfraktion im Brandenburger Landtag hatte im September 2021 mit einem Antrag noch versucht, die Schulgesundheitsfachkräfte (SGFK) langfristig abzusichern. »Trotzdem die Evaluation positiv ausfiel, die Praxis deutlich machte, dass SGFK dringend benötigt werden, schiebt man die Verantwortung auf die Kommunen oder Landkreise ab«, sagt Landtagsabgeordnete und bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Kathrin Dannenberg. »Wir werden nicht aufgeben und dies wieder zum Thema machen - spätestens in den nächsten Haushaltsverhandlungen. Wir suchen nach Lösungen für eine gerechte Finanzierung und für den schrittweisen Aufwuchs der Fachkräfte. Wir brauchen eine anteilige Landesfinanzierung für die SGFK, sonst wird es so sein, dass nur reiche Kommunen oder Landkreise sich diese Fachkräfte leisten können. Das ist nicht im Sinne der Verfassung - nämlich in allen Regionen des Landes für gleichwertige Bedingungen zu sorgen.«
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