Von Striezeln und Feuerrüpeln: Der Striezelmarkt in alter Zeit
Zunächst konnten die Bürger nach den vorweihnachtlichen Fastentagen auf dem Marktplatz ihren Weihnachtsbraten erwerben. Der Christstollen ist untrennbar mit dem Weihnachtsfest in Dresden verbunden. Bereits 1471 ließ der Rat den »Striezel« auf dem Markt an die Armen ausgeben. Um 1700 bot das städtische Waisenhaus auf dem Altmarkt selbstgefertigte Strickwaren in Strumpfbuden an. Sogenannte Schachtelleute verkauften in Heimarbeit bemaltes Spielzeug aus dem Erzgebirge. Aber auch Pfefferküchler, Glashändler, Töpfer und Goldhändler sowie Gaukler und Liedsänger waren vertreten. Selbst wenn der erstmals in Dresden verkaufte weihnachtliche Glühwein noch fehlte, kann schon damals auf eine weihnachtliche Stimmung geschlossen werden.
Dieses stimmungsvolle Markttreiben wurde im 19. Jahrhundert zu einem beliebten Motiv Dresdner Künstler. In seinen deutschlandweit verbreiteten Kupferstichen zeichnete Ludwig Richter ein Bild der »guten alten Zeit«. Der Chronist berichtete, dass die königliche Familie 1853 den österreichischen Kaiser Franz Joseph über den Dresdner Weihnachtsmarkt führte. Inzwischen hatte auch der weihnachtliche Tannenbaum Einkehr gehalten. Ludwig Richter setzte den handelnden Kindern in seinem Stich »Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe« 1853 ein Denkmal. Auf dem kleinen Verkaufstisch stehen vier sogenannte Feuerrüpel. Nunmehr als Pflaumentoffel bezeichnet, entwickelten sich die Figuren zu DDR-Zeiten zu einem Symbol des Striezelmarktes.
Tatsächlich wurden die Marktstände traditionell von Kindern betreut. So offen betriebene Kinderarbeit war eigentlich Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr angesagt. Dennoch erlaubte der Rat der Stadt im Jahr 1908 – »dem bisherigen Brauch entsprechend« – Kindern unter 14 Jahren mit einer Ausnahmeregelung das Feilbieten von Waren in der Zeit vom 18. bis 24. Dezember auf dem Christmarkt. Schulpflichtige Kinder benötigten dazu die Erlaubnis der Schuldirektoren. Dabei stand der Kinderschutz nicht so sehr im Vordergrund. Vielmehr sollten die lieben Kleinen nicht die Stimmung unter den Erwachsenen stören: »Die Kinder haben sich eines anständigen, gesitteten Betragens zu befleißigen und insbesondere sich allen Lärmens und Schreiens zu enthalten« hieß es in der städtischen Mitteilung. Es war ihnen verboten, ihre Waren in Häusern oder Schankwirtschaften anzubieten.
Im Umbruch
Um 1900 fremdelte die wachsende Großstadt Dresden mit ihren Märkten. Das hatte vor allem hygienische Gründe, weswegen im auslaufenden 19. Jahrhundert in der Stadt diverse Markthallen entstanden. Auch der traditionell auf dem Altmarkt abgehaltene Christmarkt musste zeitweise auf den Neustädter Markt, den Postplatz oder den Stallhof ausweichen. Gerade die hier ansässigen Einzelhändler machten Stimmung gegen den Weihnachtsmarkt. Der Markt würde, so ätzten die Lobbyisten im Stadtrat, doch gar nicht zu einer Großstadt passen. Im Vorgriff auf die Jetztzeit sorgten sich die Stadtverordneten sogar um den Brandschutz auf dem Weihnachtsmarkt! Mit ihrem Beschluss vom 2. Februar 1911 untersagten die Dresdner Stadtverordneten Jahrmärkte auf dem Altmarkt. Nach langem Disput wurde der Christmarkt von dem Verbot ausgenommen. Auch Blumenmärkte waren weiterhin erlaubt.
Die völlige Zerstörung der Innenstadt im Zweiten Weltkrieg brachte das zeitweilige »Aus« für den Striezelmarkt. In der schweren Zeit erhellte die »Dresdner Weihnachtsmesse 1945« im Saal der Goehle-Werke an der Riesaer Straße die Herzen der Dresdner. Als die Neubebauung des Altmarktes vorangeschritten war, kehrte der Striezelmarkt vor dem Weihnachtsfest 1956 wieder an seine alte Heimstatt zurück. Heute sind die einstigen Bedenken der Politiker längst vergessen. Der meistbesuchte deutsche Weihnachtsmarkt füllt die Kassen der Hotels, Gaststätten und Händler.