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Der Mittelpunktstein in Spremberg

Wenn Grenzen sich verschieben, verschieben sich auch Mittelpunkte. So wie viele andere Orte, konnte sich auch Spremberg eine Zeitlang als Mittelpunkt Deutschlands fühlen, davon zeugt noch heute der Mittelpunktstein in der Nähe des Gymnasiums.
Hans-Joachim Wolfram (re.), Christine Stüber Errath (li.) und der Spremberger Stadthistoriker Julius Gerhard Schmidt während einer Sendung Außenseiter Spitzenreiter am Spremberger Mittelpunktstein. Archivfoto: Detlef Bogott

Hans-Joachim Wolfram (re.), Christine Stüber Errath (li.) und der Spremberger Stadthistoriker Julius Gerhard Schmidt während einer Sendung Außenseiter Spitzenreiter am Spremberger Mittelpunktstein. Archivfoto: Detlef Bogott

Der Mittelpunkt des einstigen Deutschen Reiches von 1871 ist mitten in der Stadt Spremberg zu finden. Der Stein war als vermeintliches Symbol preußisch- deutscher Großmannssucht 1947 geschleift worden. Erst 1988 hatten Denkmalpfleger den Rest fürs Museum geborgen und eine Kopie bestellt, die am 19. Januar 1991 nahe dem Museum aufgestellt wurde. So war Spremberg zwischen 1871 und 1920 der geografische Mittelpunkt des Deutschen Reiches. Darauf weist heute noch eine Kopie des Gedenksteines hin, die sich nur wenige Meter entfernt vom Originalstandort befindet. Laut Auskunft des damaligen Kreisdenkmalpflegers war der Stein durch das Entfernen der Schrift und durch das Einsetzen in eine Betonmauer nach 1946 so stark zerstört, dass eine Wiederherstellung nicht möglich war. Als Grundlage der Berechnung wurden die Mittelwerte der am weitesten nördlich, südlich, östlich und westlich gelegenen Orte des damaligen Deutschen Reiches festgestellt. Das Ergebnis der Berechnungen wurde im Jahresbericht der höheren Lehranstalten des Jahres 1872 veröffentlicht. Um den Mittelpunkt des wiedervereinigten Deutschlands war kurz nach der Wende Streit entstanden. Die Außenseiter- Spitzenreiter- Truppe um Hans- Joachim Wolfram hatte ihn damals in Niederdorla bei Mühlhausen ermittelt. Einst gab es dort eine Linde, einen Landgasthof »Zum Mittelpunkt« und ein jährliches Mittelpunktsfest. Dazu sind auch immer Gäste geladen aus Rennerod bei Wetzlar, dem Mittelpunkt der alten Bundesrepublik, aus Belzig, (zwischen Verlorenwasser und Weitzgrund im Fläming), in dessen Nähe der Mittelpunkt der DDR lag, und aus Herbstein bei Fulda, das bis zur Vereinigung als Deutschlands Mitte galt und nach neueren Berechnungen seine Stellung verlor. Als Mittelpunkte der alten Bundesrepublik Deutschland bezeichneten sich u.a. die Gemeinden Rennerod im Westerwald und Herbstein (Vogelsbergkreis in Hessen nach der Wiedervereinigung). Streit gab es auch um den Mittelpunkt der Welt. Der Sage nach ist er in Poppau in der Altmark zu finden, seit Jahrtausenden liegen die Ketten, womit er ausgemessen wurde, unter einem Stein im Dorfteich. Das sehen die Leute in Pausa im Vogtland ganz anders: Ihr Rathausdach ziert ein Globus, durch den die Erdachse geht - und die Achse muß öfter mit Flunkerfett geschmiert werden - damit die Touristenwelle rollt.


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