Ein neuer Anlauf für Barrierefreiheit
»Doch auch heute gibt es in der Stadt noch immer öffentliche Einrichtungen, die nicht barrierefrei sind«, informiert Marco Retzlaff, Vorsitzender des Behindertenbeirates, während der letzten Sitzung im Dezember 2024. Er spricht dabei unter anderem von den vielen Treppen im Kultur- und Freizeitzentrum »Pegasus«. Auch die Touristinformation sei nicht barrierefrei, ebenso wie nicht alle Schulen und Kitas in Senftenberg. »Somit werden Leute ausgeschlossen«, bringt es Marco Retzlaff auf den Punkt und erklärt: »Barrierefrei heißt für mich, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen selbst in einen Raum hinfahren können.« Die vielerorts verwendeten Klingeln, mit denen Leute Unterstützung anfordern könnten, hätten nach seinem Verständnis nichts mit Barrierefreiheit zu tun.
Um das Thema neu ins Blickfeld zu rücken, plant der Behindertenbeirat unter dem Arbeitstitel »Barrierefreies Senftenberg 2030« ein strategisches Vorgehen. »Ziel ist es, gemeinsam mit der Stadt eine Liste mit Einrichtungen zu erstellen, die entsprechend ergänzt oder umgebaut werden müssen, um barrierefrei zu sein«, erzählt Marco Retzlaff und verweist darauf, dass Denkmalschutz und Barrierefreiheit nicht unvereinbar seien: »Es können Kompromisse und kreative Lösungen gesucht werden, um beiden Aspekten gerecht zu werden.«
Wie Retzlaff sagt, muss das Thema Barrierefreiheit jetzt gezielt angegangen werden, damit sich die Situation nachhaltig verbessert.
In diesem Zusammenhang ist ihm auch der barrierefreie Zugang zu Geschäften ein wichtiges Anliegen: »Für Menschen mit Rollator, Rollstuhl oder auch Kinderwagen ist es schwierig, einen Laden zu besuchen, der eine oder mehrere Stufen am Eingang hat. Hier sollten ebenfalls Lösungen gesucht werden – vielleicht mit Hilfe von Fördermöglichkeiten, die es für den barrierefreien Umbau von Geschäften gibt.«
Jan Przybilski, Stadtverordneter und Vorsitzender des Gewerbevereins Senftenberg e.V., informierte in der Runde, dass Händler es sich personell und finanziell oft nicht leisten können, ihren Laden vollständig barrierefrei zugänglich zu gestalten. »Fördermittel sind natürlich hilfreich, aber der Eigenanteil ist häufig nicht stemmbar. Zudem sind in vielen Geschäften nur ein bis zwei Mitarbeiter beschäftigt. Wenn diese gerade Kunden bedienen, können sie nicht gleichzeitig eine mobile Rampe an die Tür bringen«, gibt Jan Przybilski zu bedenken. Wie er berichtet, spricht der Vereinsvorstand häufig über das Thema Barrierefreiheit: »Wir appellieren auch an die Inhaber der Läden, können sie jedoch nicht zwingen. In diesem Fall ist man stets vom Willen des Inhabers abhängig. Es wird wahrscheinlich nur durch Fördermittel mit einer entsprechend hohen Förderquote und einem geringeren Eigenanteil realisierbar sein.«
Marco Retzlaff brachte als kurzfristige und funktionale Lösung eine Funkklingel für Geschäfte ins Gespräch: »Diese Klingel könnte auf einem mobilen Ständer oder einer mobilen Stele angebracht und vor dem Laden aufgestellt werden – selbstverständlich ohne zusätzliche Gebühr und in einer einheitlichen Ausführung, damit sie auch von sehbeeinträchtigten Menschen leicht gefunden werden kann. Mit so einer Klingel könnten sich entsprechende Kunden im Laden bemerkbar machen.« Laut Marco Retzlaff könnte die Stadt diese Lösung gemeinsam mit dem Gewerbeverein im Sinne der Geschäftsinhaber koordinieren. Für Jan Przybilski wäre beispielsweise eine Arbeitsgemeinschaft aus Stadtverwaltung und Gewerbeverein ein guter Ansatz. »Das Thema barrierefreier Zugang zu Geschäften sollten wir aber im Konzept ‚Barrierefreies Senftenberg 2030‘ integrieren und nicht losgelöst von öffentlichen Einrichtungen betrachten«, schlägt er vor.
Marco Retzlaff zufolge wolle man als nächsten Schritt das Thema »Barrierefreies Senftenberg 2030« im Ausschuss für Soziales, Bildung, Kultur und Sport vorstellen.