gb/me/far

Was ist der »richtige« Weihnachtsbaum?

Meißen. Immer mehr nutzen heimische Pflanzen - wollen keine weite Anreise ihrer Tanne für die gute Stube.

Inhaber Albert Tamme mitten in seiner Produktion.

Inhaber Albert Tamme mitten in seiner Produktion.

Bild: Eckardt

Wer von der Radeburger Straße kommend nach Meißen einfährt, braucht eigentlich keinen Kalender, um den Beginn der Vorweihnachtszeit und damit der Weihnachtsbaum-Saison nicht zu verpassen: Im Ortsteil Bohnitzsch wird auch dieses Jahr wieder ein unübersehbar großer Weihnachtsmann die Vorbeifahrenden freundlich daran erinnern, den Kauf eines Weihnachtsbaumes nicht allzu lange hinauszuzögern. »Für uns hat die Saison im November begonnen«, erläutert Inhaber Albert Tamme. »Zuerst verkaufen wir die ersten Deko-Bäume, die Bäume für die gute Stube folgen ein wenig später.«

Die vergangenen zehn Jahre lief das Weihnachtsbaumgeschäft relativ konstant, »Selbst die Coronajahre schlugen nicht negativ auf die Nachfrage durch. Sicher haben sich viele gedacht, dass wenigstens das Weihnachtsfest trotz Pandemie und der damit verbunden Einschränkungen wie gewohnt ablaufen sollte«, so Tamme. Voraussagen für die aktuelle Saison sind für ihn dennoch zu spekulativ, denn wer wisse schon, welcher Teil der durch die gestiegenen Energiekosten verkleinerten Budgets noch für Weihnachtsdekoration aufgewendet wird?

Zu Orientierung in Sachen Menge dienen beim Einkauf die Vorjahre, in denen sich die Absatzahlen stets zwischen gerade noch dreistellig und schon zaghaft vierstellig einpendelten. Die Konkurrenz jener Bau- und Supermärkte, die ebenfalls ins Weihnachtsbaumgeschäft eingestiegen sind, wird auch eine gewisse Rolle spielen. Gleichwohl ist der Kundenkreis der Baumschule eher ein anderer, denn die Erfahrung mit der Qualitätsware bei den Obstbäumen überträgt sich auch auf die Erwartungen an die Weihnachtsbäume. Ein Teil der Ware, vor allem die Blaufichten, stammen vom Feld neben dem Baumschulgelände, also aus Eigenproduktion. Dadurch ist es auch möglich, so manche Nordmanntanne oder Blaufichte mit Ballen im Topf und dadurch mit der Möglichkeit des späteren Auspflanzens anzubieten. Darüber hinaus bestehen größtenteils Kooperationen mit regionalen Zulieferern, von denen die beliebten Rot- und Blaufichten sowie Nobilis- und Nordmanntannen stammen. »In den Vorjahren hatten wir auch einige Kunden, die von der Nordmanntanne auf Kiefer umgeschwenkt sind. Mit Kiefern sieht es dieses Jahr allerdings sehr schlecht aus. Während der Sommerhitze sind diese größtenteils vertrocknet. Deshalb werden sei auch in den nächsten Jahren fast komplett ausfallen. Den größten Anteil hat aber nach wie vor die Nordmanntanne, die geht am besten weg«, fügt er an.

Preislich orientiert sich die Baumschule an den Konditionen des Vorjahres. Nach einer Dekade ohne wesentliche Steigerungen erfolgte 2021 zwar eine wahrnehmbare Anpassung, allerdings mit positiver Wirkung für 2022, denn Preissprünge wie in anderen Branchen wird es bei den Weihnachtsbäumen deshalb kaum geben. Es bleibt dabei, dass die Rotfichte die günstigste Baumart ist, gefolgt von der Blaufichte, für die Nordmann- oder Nobilis-Tanne muss man etwas mehr ausgeben. Letztere geht bei einer Länge von 150 bis 170 cm ab ca. 45 Euro über den Ladentisch bzw. ins Transportnetz. »Jede Baumart hat natürlich ihre Eigenheiten. Wer den starken Nadelholzduft mag, sollte zur Blaufichte greifen. Für eine Bestückung mit echten Kerzen eignet sich besonders die Nobilis-Tanne, da diese nicht kegelförmig, sondern in deutlich ausgeprägten Etagen wächst. Soll der Baum besonders lange stehen, ist man mit der Nordmann- und der Nobilis-Tanne ebenfalls gut bedient, Rot- und Blaufichte fangen hingegen früher an zu nadeln. Damit der Baum lange frisch bleibt, sollte er kühl gelagert und so spät wie möglich in temperierte Räume gestellt werden, nicht bereits am 1. Advent oder so. Frisch anschneiden und ab ins Wasser, dann wird das schon«, meint der Spezialist.

Wer die vorweihnachtliche Stimmung auf andere Art steigern will, findet in die Baumschule Tamme auch regional gekelterten Winzerglühwein aus Meißen, Apfelsorten, die zur Verwendung als Bratäpfel gut geeignet sind oder auch Räucherkerzen. Wetterunabhängig gilt, dass bis 24. Dezember nicht verkaufte Bäume nur noch als Feuerholz Verwendung finden. »Vor Jahren hatten wir auch mal beim Zoo angefragt, ob entsprechendes Interesse besteht. Der hat uns dann abgesagt, weil die zu viele Bäume hatten. Falls es dieses Jahr zu einem Überbestand kommen sollte, fällt uns sicher noch etwas Passendes ein. Denkbar wären spontane Aktionen, vielleicht sogar in Zusammenarbeit mit der Meißner Tafel, wir werden sehen«, ist sich Albert Tamme sicher.

Die »Baumschulen Tamme« gibt es seit 1911. Großvater Reinhard Tamme kam bei seiner Wanderschaft im Rheinland in einen Baumschulbetrieb und war so begeistert, dass er nach seiner Rückkehr den elterlichen Mühlen- und Landwirtschaftsbetrieb nach und nach auf die Anzucht von Obstgehölzen umstellte. Den langjährigen Slogan »Produktion und Handel in einer Hand« hat der Familienbetrieb seit dem 1990 wieder aufgegriffen. Das junge Team besteht aus fachlich geschulten Mitarbeitern. Seit 1999 führt das Traditionsunternehmen das Qualitätszertifikat »Deutsche Markenbaumschule«.


Meistgelesen