Constanze Junghanß

Ein erstes und letztes Bild

Löbau. Babys, die vor, nach oder während der Geburt verstarben, fotografieren vier Sternenkinder-Fotografen im Kreis Görlitz. Einer von ihnen ist Jörg Krause.
Die winzigen Sachen sind genähte und gestrickte Spenden, die Jörg Krause von Unterstützern zur Verfügung gestellt bekommt.

Die winzigen Sachen sind genähte und gestrickte Spenden, die Jörg Krause von Unterstützern zur Verfügung gestellt bekommt.

Bild: Constanze Junghanß

Jörg Krause packt den Koffer. Ein winziges Babynestchen kommt hinein, nicht größer als die Handfläche, ein Mützchen, die Minidecke, dazu klitzekleine Teddys. Die Kamera ist immer dabei. Ein hochsensibler Einsatz. Der Löbauer fährt zur Geburtenstation eines Krankenhauses. Der Anlass ist traurig. Jörg Krause gehört zu den mittlerweile vier ehrenamtlichen Sternenkinderfotografen im Landkreis Görlitz. Seit sechs Jahren fotografiert der vierfache Vater Frühchen ab der 14. Woche und Babys, die nach der Geburt die Reise zu den Sternen angetreten sind. Kinder, die vor, nach oder während der Geburt verstarben. Etwa 30 Mal wurde Jörg Krause bisher zu Einsätzen gerufen.

Dieses erste und letzte Bild sei für die Eltern sehr wichtig, sagt der 52-Jährige. Eine liebevolle Erinnerung, festgehalten mit der Kamera. Vielleicht eine kleine Unterstützung, um aus der tiefen Trauer über den schmerzvollen Verlust die Erinnerung auch bildlich bewahren zu können. Jörg Krause weiß, wovon er spricht. Seine Frau Julia und er sind Sternenkinder-Eltern von Zwillingen. "Damals wurden in unserer Region solche Fotografen gesucht", erzählt er.

In der Oberlausitz habe es vor einigen Jahren noch niemanden für dieses anspruchsvolle Ehrenamt gegeben. "Sternenkinderfotografen kamen bis aus Leipzig oder Dresden in unsere Region", sagt der Erzieher einer intensivpädagogischen Herrnhuter Wohngruppe. Bei Recherchen im Internet stieß die Familie auf die "Dein Sternenkind-Stiftung", die 2013 von dem freien Fotografen und Filmemacher Kai Gebel (verstorben 2023) ins Leben gerufen wurde. Sich bei diesem Ehrenamt mit zu engagieren, stand für Jörg Krause schnell fest.

Mittlerweile sind im Landkreis neben dem Löbauer drei weitere ehrenamtliche Fotografen im Einsatz - alles Frauen. Und selbstverständlich gebe es da Austausch und Absprachen zu den Einsätzen, die manchmal "bis tief in die Nacht dauern können. In der Regel fragen uns die Geburts-Kliniken Bautzen, Zittau und Görlitz an", sagt Jörg Krause.
Während Jörg Krause die Aufnahmen der verstorbenen Kinder macht, versucht er eigene Emotionen möglichst weit auszublenden, um die Arbeit gut zu machen. Im Nachhinein berührt ihn die Situation sehr, meist sucht der Fotograf dann ein wenig Abstand in der Natur. Der Tod sei nicht das Ende, sagt Jörg Krause. Davon ist der Fotograf und Pädagoge, der sich zugleich ehrenamtlich im Förderverein der christlichen Hospizarbeit Oberlausitz engagiert, überzeugt.


Über die Facebook-Gruppe "Herzensmenschen - Hilfe für Sternenkinder und Frühchen" bekommen die Fotografen das Equipment für ihre Einsätze. "Auch diese Helfer machen alles ehrenamtlich, nähen die Kleidung, die Nestchen und mehr für die Fotos", ist der Fotograf dankbar für diese Unterstützung.
Die Erinnerungsfotos müssen die trauernden Eltern nicht bezahlen, das Angebot ist für die Betroffenen kostenfrei. Finanziert wird die "Dein Sternenkind Stiftung" ausschließlich durch Spenden. Über den eigenen Facebook-Kanal informiert aktuell "Dein Sternenkind" zu den jetzt ausgewerteten landesweiten Eckdaten aus dem Vorjahr. Demnach fuhren "682 Fotografen 4748 mal los, um Eltern das erste und letzte Bild zu schenken", heißt es da. Das sind 413 Einsätze mehr als 2023 gewesen. 98 Prozent der Einsätze konnten damit abgedeckt werden. 121 Fotografen sind bei "Dein Sternenkind" 2024 neu dazu gekommen.


Internetseite: https://www.dein-sternenkind.eu

 


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