Matthias Stark

Die Spießer sind los

Radeberg. »Es hat mir so wollen behagen, mit Lachen die Wahrheit zu sagen.« Dieser Ausspruch von Hans Jakob Christoffel von Grimmels-hausen könnte über der Ausstellung stehen, die kürzlich im Radeberger Schloss Klippenstein eröffnet wurde.
Letzte Absprache vor der Eröffnung zwischen dem Verwalter des Archivs »Kunst und Karrikatur Zwickau«, Klaus Fischer (l.), und dem Kurator der Ausstellung, Patrick-Daniel Baer (r.).

Letzte Absprache vor der Eröffnung zwischen dem Verwalter des Archivs »Kunst und Karrikatur Zwickau«, Klaus Fischer (l.), und dem Kurator der Ausstellung, Patrick-Daniel Baer (r.).

Bild: Matthias Stark

Unter der Überschrift »Den Spießern gewidmet« sind mehr als 200 Humor- und Satirezeichnungen sowie weitere Objekte von über 130 Künstlerinnen und Künstlern zu sehen. Zu diesen gehören u.a. Erich Heckel, Karl Hubbuch, Paul Kleinschmidt, Bernhard Kretzschmar, Richard Müller und Oskar Zwintscher.

»Die Karikatur ist ein schneller, komischer oder satirischer Bildkommentar zu Persönlichkeiten oder Ereignissen. Das bevorzugte Medium ist dabei die Zeichnung«, so der Kurator der Ausstellung, Patrick-Daniel Baer. Und er ergänzt: »Im Moment leben wir leider in einer von permanentem Streit, einer Unzufriedenheit und Selbstgerechtigkeit geprägten Gesellschaft. Um den ewigen Nörglern kein ‚Kanonenfutter‘ zu liefern, wurden für die Ausstellung deshalb weniger politisch brisante Karikaturen ausgewählt, obwohl dies möglich gewesen wäre. Aber unser Ziel ist es, allen, vor allem auch Familien, eine leichte und fröhliche Sonderausstellung zu bieten, die auch ablenken kann von aktuellen Nöten.«

Zur Verfügung gestellt wurden die Objekte aus dem privaten Archiv »Kunst und Karikatur Zwickau«. Dieses wurde vor gut 20 Jahren gegründet und umfasst mittlerweile über 5.000 Zeichnungen von mehr als 1.100 Künstlerinnen und Künstlern. Die Sammlung erfasst dabei einen Zeitraum von etwa 1850 bis 1950.

 

Ohser-Zeichnung machte den Anfang

»Los ging es mit einer Zeichnung von Erich Ohser, die ich vor über 20 Jahren in Berlin erworben habe. Dann interessierte ich mich für Ohsers Kollegen, die auch in der Berliner Illustrierten veröffentlicht haben. Später kam ich auf die Idee, nachzuforschen, wer alles außerhalb von Berlin Karikaturen angefertigt hat. Hinzu kamen dann Grafiken und Zeichnungen der klassischen Moderne. Das Archiv hat eben auch viel mit Recherche und Detektivarbeit zu tun«, so der Verwalter des Archivs, Klaus Fischer. Dabei geht es Fischer vor allem um die Bewahrung schwer zu bekommender Raritäten für die Nachwelt. »Deshalb freue ich mich sehr über die Radeberger Ausstellung«, ergänzt er.

Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist ebenfalls Erich Ohser gewidmet, der unter dem Pseudonym »e. o. plauen« mit den Bildergeschichten um »Vater und Sohn« bekannt wurde. Die Zeichnung, mit der alles begann und die zur Gründung des Zwickauer Archivs führte, ist ebenfalls in Radeberg ausgestellt.

 

Zeitkritik humorvoll verpackt

Ein weiter Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Satirezeitschrift »Simplicissimus«. Diese erschien erstmals 1896 und wurde von Albert Langen gegründet. Bis zu ihrer Einstellung im Jahr 1944 schrieben zahlreiche hochrangige Autoren für das Blatt, so u.a. Richard Dehmel, Hermann Hesse, Otto Julius Bierbaum, Hugo von Hofmannsthal, Erich Kästner, Frank Wedekind sowie Heinrich und Thomas Mann.

Die Sonderausstellung in Radeberg lädt dazu ein, sich schmunzelnd in die Welt der Spießbürger zu begeben. Hintergründiger Humor gepaart mit einer Brise Zeitkritik lässt den Betrachter das ein oder andere Mal lächelnd vor den Werken verharren. Die gezeigten Bilder haben ihre Brisanz und Bissigkeit auch in unseren Tagen nicht verloren. Die Ausstellung kann bis zum 17. September zu den üblichen Öffnungszeiten des Museums besucht werden.


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