Autonomes Fahren - Made in Hoywoj
Beobachtet von Kameras an Straßenlaternen, Drohnen, die über Kreuzungen schwebten, und erfasst von Kameras und unzähligen Sensoren eines Messfahrzeuges. Klingt im ersten Moment beunruhigend, ist jedoch kein Anlass, um sich Sorgen zu machen, im Gegenteil. Die detaillierte und komplett anonymisierte Verkehrsüberwachung diente einem hehren Ziel: dem Aufbruch in die fahrerlose Fortbewegung der Zukunft.
MITMACHLabor bleibt Anlaufpunkt für Informationen zum Projekt
»Wir verabschieden heute etwas, das kaum einer mitbekommen hat«, so Hoyerswerdas Oberbürgermeister Torsten Ruban Zeh. Die Rede ist vom Forschungsprojekt SivaS. Dieses Kürzel steht für »Sicherheit des vernetzten und automatisierten Straßenverkehrs«. Das Projekt betrieb in den letzten zwei Jahren Grundlagenforschung für die Zukunft des automatisierten Fahrens in Hoyerswerda. Inhalt waren u.a. Verkehrsbeobachtungen im Stadtgebiet von Hoyerswerda und der Aufbau des MITMACHLabors auf der Dietrich-Bonhoeffer-Straße 5. Letzteres soll auch nach dem Ende von SivaS weiter bestehen und »ein Anker in der Stadt sein, wo sich Menschen informieren können, was diesbezüglich in dieser Stadt passiert«, so Ruban-Zeh weiter.
Verkehrsdaten und Szenarienkataloge: Schlüssel zur sicheren automatisierten Fortbewegung
Und auch wenn es kaum jemand registriert haben dürfte, passiert ist viel, in den letzten zwei Jahren. Dr. Günther Prokop, Inhaber des TU-Lehrstuhls für Kraftfahrzeugtechnik erläutert: »Wir haben das Projekt bewusst unter dem Radar laufen lassen. Worum geht es hier? Methodisch haben wir folgende Situation: Wenn wir zukünftig automatisiert fahren wollen, müssen wir dafür sorgen, dass das Fahren und die Fahrzeuge sicher sind. Und zwar so abgesichert, dass die Technik auf die Menschheit losgelassen werden kann. Eine der möglichen Methoden ist das Sammeln von Verkehrsdaten, die Beobachtung des Verkehrs an verschiedenen Stellen: mobil, stationär, durch Unfallstatistiken und weitere Maßnahmen. Verkehrsdaten müssen erfasst und analysiert werden und schließlich fusionieren, d.h. diese Informationen müssen in den Datenbanken abgelegt werden. Daraufhin erhalten wir sogenannte Szenarienkataloge. Das sind Kataloge von Situationen, die ein Fahrzeug in seinem Laben potentiell erleben wird. Mit diesen Situationen muss es sicher und flüssig umgehen können.
Ein einziges Projekt, in diesem Falle Sivas, kann dies nicht alles abdecken, das ist eine riesengroße Aufgabe. Deshalb sind wir sehr dankbar, dass wir im Rahmen des mFund-Programms mehrere Projekte machen durften. Diese erstrecken sich inhaltlich von der Verkehrsdatenüberwachung über die Entwicklung eines innovativen hochimmersiven Fahrsimulators. Dieser wurde im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums, der FSD (Fahrzeugsystemdaten GmbH, Dresden/Radeberg) und der TU Dresden entwickelt.«
Weltgrößter Fahrsimulator ab 2027 in Hoyerswerda im Einsatz
Dieser Fahrsimulator, übrigens der größte der Welt, soll ab 2027 in Hoyerswerda eingesetzt werden - aber nicht irgendwo, sondern in einer riesigen Fahr- und Flugversuchshalle, welche ab dem Frühjahr 2025 in einem Gewerbegebiet im Ortsteil Schwarzkollm gebaut wird. Dr. Günther Prokop weiter: »Wie ich schon sagte, so ein Fahrsimulator braucht eine Heimat, momentan haben wir ihn provisorisch auf einer Fläche in der Nähe von Dresden in Betrieb. Diese Halle, die wir hier in Hoyerswerda bauen, die ist wirklich groß. Sie ist 100 m lang, 100 m breit und etwa 45 m hoch.«
Ziel: Einfluss auf internationale Gesetzgebung und effizientere Fahrzeugzulassung
Final und einfach zusammengefasst ist das Ziel aller Projekte, die diesbezüglich in Hoywoj stattfanden und stattfinden werden: von unserer Stadt aus auf Wirtschaft und internationale Gesetzgebung Einfluss zu nehmen. Dr. Jürgen Bönninger von der TU Dresden, ein Experte für die Entwicklung von Prüftechnologien für Kraftfahrzeuge und Anhänger sowie im Bereich der Theoretischen und Praktischen Fahrerlaubnisprüfung beschreibt es so: »Wir wollen von hier aus auf die internationale Gesetzgebung, auf eine effizientere Zulassung von Fahrzeugen Einfluss nehmen. Wir sind bekanntlich zurzeit in Europa in einer Krise im Automobilbau; auch weil wir in den letzten Jahrzehnten das eine oder andere überreguliert haben. Mit dem Vorsprung an Know how und mit effizienteren Zulassungsbedingungen wollen wir automatisierte und vernetzte Fahrzeuge schneller auf die Straße bringen. Und das nicht nur in Deutschland, in Europa, sondern darüber hinaus in die Welt. Das ist eine wunderbare Möglichkeit aus Hoyerswerda, aus Sachsen, aus Europa in die Welt zu wirken.«