Deshalb war das Kuppeldach von Schloss Moritzburg nicht rund
Planen leuchten weithin über dem Schloss – wie Sonnensegel. Seit gut vier Wochen ist das Kuppeldach des »Back-Thurms« eingehaust. Früher war unter diesem Turm die Bäckerei. Daher der Name. Gegenüber, auf nordöstlicher Seite, steht der Küchenturm. Der Jägerturm prangt auf der Südseite gen West und die Südseite nach Osten ziert der Amtsturm, denn da saß einst der Schlossvorsteher. Die Erbauer waren barock, pragmatisch und vor allem fähig. August der Starke selbst hat den Restauratoren jetzt eine knifflige Aufgabe gestellt.
War es doch der Kurfürst von Sachsen höchstselbst, der die Entwürfe seines Jagdschlosses zeichnete und den Umbau vorantrieb. »Niemand anderes als sein Baumeister Matthäus Daniel Pöppelmann war es, der den Umbau auf Befehl seines Kurfürsten ab 1723 schließlich umsetzte und der der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Anlage ihr einzigartiges Erscheinungsbild eines von vier hohen, runden Ecktürmen umstandenen kompakten Gebäudes verlieh«, wie Dr. Tobias Knobelsdorf anerkennend schreibt. Nur, dass die vier Türme, wie wir sie heute kennen, eben mitnichten spiegelbildlich gleich sind, wie es Entwürfe des Kurfürsten vorgeben.
Die Türme auf der Prunkseite mit der großen Auffahrt haben so mehr Dachgauben als die Türme auf der abgewandten Seite. Die Frage im Denkmalamt war nun: Wurden die Turmhauben auf der Nord- und Südseiten doch unterschiedlich errichtet oder kamen sie erst bei Umbauten abhanden? »Für uns stand die Frage, ob die Türme nach den Plänen August des Starken wieder hergestellt werden sollten oder so, wie wir sie heute kennen«, erläutert Kai-Uwe Beger. Er ist Sachgebietsleiter Hochbau beim Staatlichen Immobilien- und Baumanagement und mit der Ewigkeitsaufgabe Schloss Moritzburg betraut.
Dass die Türme überhaupt saniert werden müssen, hat dagegen seinen Grund in jüngerer Geschichte. Als Anfang der 1990er zwei Kuppeldächer neu gedeckt wurden, geschah das als Notsanierung. Das Holz darunter ist nur zum Teil erneuert, die Deckart hat sich nicht bewährt. Weil Hilfslatten unter den Ziegeln fehlen, sind die Kuppelhauben nicht wirklich rund. »Dieser optische Fehler hätte natürlich keine neue Eindeckung gerechtfertigt, aber die Ziegel lagen dadurch auch nicht so dicht, wie sie sollten. Es gab Risse und es regnete herein«, erklärt Beger. Auch die Dachgauben sind in schlechtem Zustand – die gleichen Probleme.
»Alle denken, am Schloss wäre alles völlig spiegelbildlich, aber das stimmt eben nicht«, konstatiert Beger. Der jetzige Umbau hätte der einschneidendste seit 300 Jahren werden können. Doch die Suche in den Archiven ergab: Die ersten Visionen der baugleichen Turmhauben wurden – wie allerhand andere Verzierungen – nie gebaut. Dafür wurden die älteste Ideenskizze, Baupläne sowie erste realistische Darstellungen auf Postkarten, Kupferstichen und Gemälden akribisch ausgewertet. »Die Bauakten belegen, Pöppelmann hat von Anfang an gespart – vielleicht ist dem Kurfürsten gerade das Geld ausgegangen«, so Beger. Also hat die Denkmalpflege entschieden, den »Back-Thurm« so herzustellen, wie wir ihn die letzten 150 Jahre kennen. Dafür wird diesmal gründlich restauriert und saniert. Der Dachstuhl ist im Kern schließlich aus dem Barock – mit dem Beil behauenes Gebälk wechselt mit später gerade gesägtem. Balken werden erneuert, für Gauben neu aufgelattet. Und nicht nur die Kuppel wird eine runde Sache. Im Turm befinden sich Werkstatt, Depot und die Räume für die geplante Trinkgläser-Ausstellung. Gerade wird das Parkett verlegt. Erst beim Entfernen der alten Vitrinen hat man Umrisse von Glasgefäßen entdeckt – sie waren an die Wand gezeichnet. Zu entdecken gibt es auch in der Schau »Teichfunde« immer etwas. Altes Porzellan, Glasstücke, Zierrat. Die Zeit gibt manches frei.
Der Küchenturm gegenüber ist in besserem Zustand, aber auch er müsste perspektivisch noch einmal erneuert werden. »Vielleicht, wenn wieder etwas Geld da ist«, sagt Beger zwinkernd. Zumindest dieses Problemchen hatte August der Starke offenbar auch schon.

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