Zum 150. Todestag: Hans Christian Andersen liebte Dresden
Für Furore sorgte der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Sohn eines Schuhmachers zunächst mehr in Deutschland als in seiner Heimat. Obwohl Andersen stets auf Dänisch schrieb, fand er in seiner Heimat erst in späteren Jahren seines Lebens Anerkennung. Im Jahr 2025 jährt sich sein Todestag zum 150. Mal. Andersens Geburtshaus steht in Odense, die Stadt begeht das Jubiläum heuer mit vielen Veranstaltungen zu seinen Ehren. Längst avancierte die nach seinem Märchen geschaffene Skulptur der »Kleinen Meerjungfrau« zum Wahrzeichen von Kopenhagen.
Begeisterte Reiseberichte
30 größere Reisen führten Andersen nach Italien, Spanien und bis ins Osmanische Reich, aber vor allem nach Deutschland. Besonders ins Herz geschlossen hatte der Dichter Dresden. In Zeiten, in denen das Reisen bedeutend beschwerlicher war als heute, besuchte er die Stadt nachweislich 32-mal! Von Meißen kommend, ließ er seiner Begeisterung freien Lauf: »Je weiter man sich von hier entfernt, desto höher werden die Berge, und bald sieht man wie durch einen Schleier das deutsche Florenz, Dresden, mit seinen Türmen und Kuppeln vor sich liegen.«
Den Dichter faszinierte die Romantik. So war er befreundet mit dem in Dresden wirkenden norwegischen Landschaftsmaler Johan Christian Clausen Dahl. Dieser wiederum war ein enger Freund von Caspar David Friedrich, dem Andersen sehr wahrscheinlich bei seinen Aufenthalten in Dresden begegnete. Seine Eindrücke fasste der dänische Dichter in dem Tagebuch »Schattenbilder eine Reise in den Harz, die Sächsische Schweiz etc. etc. im Sommer 1831« zusammen. Beinahe wie eine Liebeserklärung wirkt darin seine Einschätzung: »Die Stadt hatte für mich etwas einladend Freundliches; ich fühlte mich darin gleich wie zu Hause«.
Tief beeindruckten Andersen die Brühlsche Terrasse, die Katholische Hofkirche und das Getümmel auf der Augustusbrücke. In warmen Worten beschrieb er die Wagen und Reiter sowie das bunte Getümmel der Fußgänger auf ihr. In jener Zeit wurde der Brückenbau noch von dem vergoldeten Kruzifix in der Mitte bekrönt, was er natürlich in seinen Reisebeschreibungen vermerkte. Dabei kannte Andersen die Elbsilhouette schon von Kupferstichen her. So beschlich ihn das Gefühl, »als ob ich schon früher einmal im Traum hier gewesen wäre«.
Anlässlich des Fronleichnamfestes besuchte Andersen die Hofkirche, sah dort den König Anton sehr eifrig beten. »Die Sonne schien durch die Fenster und vermischte sich wunderbar mit dem Schein der vielen Lichter und dem wohl duftenden Rauch; es lag wirklich etwas darin, was auf dem Tonmeer der Musik den Weg zum Herzen fand...«
Besuche in Maxen
Häufig führte den Dichter der Weg südlich aus der Stadt heraus nach Maxen. Eine enge Freundschaft verband ihn dort mit den Mäzenen Friederike und Friedrich Anton Serre. Überliefert ist sein Spruch: »Des Herzens Sonnenschein in Sachsen, er stahlt am schönsten doch in Maxen«. Das Ehepaar unterstützte eine Reihe von Künstlern und Wissenschaftlern. In der Folge entwickelte sich Serres Gut zu einem beliebten Treffpunkt.
Neben Andersen gehörten auch Clara und Robert Schumann, Ludwig Tieck, Ernst Rietschel, Clausen Dahl und der dänische Bildhauer Bertel Thorvaldsen zu den Besuchern.
Andersen war ein »Couch-Surfer«
Andersen selbst galt zu Lebzeiten als »Couch-Surfer«. Gern nistete er sich bei Freunden und Bekannten ein, um sie so schnell nicht wieder zu verlassen. Damals ging sogar der böse Spruch um: »Wie geht es Dir? Ach, was soll ich sagen, ich habe Andersen…«
Doch was ist das gegen den Glanz in den Kinderaugen, wenn Großmutter heute eines seiner 156 (!) Märchen vorliest! Der Dichter lehnte sich in diesen an historische Begebenheiten an, verarbeitete Volksmärchen oder Sagen. Längst gelten seine Erzählungen als Weltliteratur. Wobei sich Andersen stets dagegen verwahrte, als bloßer Märchenonkel abgetan zu werden. Nicht nur mit seinen Märchen, gerade in seinen Romanen, Gedichten und Reiseberichten wandte sich der bedeutende Dichter auch an die Welt der Erwachsenen.