Schloss Wackerbarth testet Agrar-Drohne
Erstmals setzt das Sächsische Staatsweingut nicht nur auf wissenschaftliche Beobachtung aus der Luft - die Weinbauern bekommen jetzt tatkräftige Hilfe von oben. Big Boy - eine Agrar-Drohne mit 80 Kilo Gewicht und 2,70 Meter Außendurchmesser - ergänzt die Flotte 100 Gramm leichter Kameradrohnen, die bislang im Radebeuler Weinberg Wetter– und Bodendaten sammeln. Nun setzte Drohnenpilot Manuel Ursel aus Franken mit seiner neuen Superdrohne zum erst Testflug auf Schloss Wackerbarth an. Fast wäre der Start geplatzt, denn unter null Grad Celsius hebt die Drohne eigentlich nicht ab. Auch so reicht eine Akkuladung nur zehn Minuten - dann muss er getauscht werden.
Ein Hektar pro Stunde
Deshalb soll das Pilotprojekt des Staatsweingutes jetzt austesten, wo überall Start- und Landepunkte angelegt werden. »Wir fliegen grundsätzlich auf Sicht, etwa 4 bis 5 km/h schnell und 2,50 Meter über dem Rebstock«, erklärt Manuel Ursel. Im Gepäck hat die Drohne ein 30-Kilo-Kanister mit Pflanzenschutzmittel, das punktgenau ausgebracht wird. Die Arbeitsflüge starten zunächst am »Wackerbarthberg« und »Am Goldenen Wagen«“. Im Weinbau rechnet er in einer Stunde mit einem Hektar – im Ackerbau mit 16 Hektar pro Stunde. Weinbauleiter Till Neumeister erklärt, dass dadurch kein Personal überflüssig wird – schließlich fällt bei 300.000 Rebstöcken auf 90 Hektar viel Arbeit an.
Für das Staatsweingut ist der Einsatz von Agrardrohnen vielmehr der nächste Schritt auf dem langen Weg einer sinnvollen Digitalisierung, bei der Radebeul durchaus ganz vorn dabei sein möchte. »In den USA oder Neuseeland ist man beim Thema autonomes Fahren viel weiter«, konstatiert Martin Junge, Leiter Kommunikation. »Wir verbinden altes Wissen der Winzer mit neuester Technologie«, so Junge.
Inventur am Weinberg
Ob sich so Pflanzenschutzmittel sparen lassen, ob es im Lebensraum Weinberg ruhiger wird im Vergleich zur Traktoren-Bewirtschaftung – vieles ist jetzt im Test.
Damit die Agrarhelfer sinnvoll fliegen können, braucht es auch weiterhin viele kleine Helferlein – kleine Drohnen, die Daten liefern. Seit 10 Jahren beschäftigen sich die Winzer damit, nicht nur ihrer Erfahrung zu folgen, sondern auch digitalen Analysen. Zunächst haben Drohnen schlicht die Rebstöcke gezählt – Inventur am Weinberg sozusagen. Im Frühsommer messen Drohnen die Photosynthese, also wie vital die Rebstöcke sind. Im Hochsommer zeigen die Helferlein, per Wärme-Messung an, wo die Hitze dem Weinberg zu schaffen macht. Die Spektralanalyse deckt auf, warum nicht jede Traube am Hang gleich gut gedeiht.
So wie es auf jedem Acker trockene oder besonders nasse Stellen gibt, ist auch der Weinberg eine Landschaft aus unterschiedlichen Untergründen, Licht- und Nährstofflagen. Seit letztem Jahr gibt es im Staatsweingut daher zwei eigene Wetterstationen, eine unterhalb des Wackerbarthberg in Radebeul, die andere auf der Seußlitzer Heinrichsburg in Diesbar-Seußlitz. Beide erfassen für den Winzer wichtige Daten wie Blattnässedauer, Bodenfeuchte oder Windgeschwindigkeit. Die Wetterstationen liefern sogar eine aktuelle »Pilzdruck-Prognose«. Daraus lassen sich wertvolle Daten ableiten. »So wissen wir genau, wann, wo und wie wir Winzer ran müssen«, erklärt Weinbauleiter Till Neumeister.
Mit der Zeit entstehen Datenportale, die für jede Weinlage das besondere Mikroklima herausarbeiten. Im Weinbaugebiet Sachsen reifen zwischen Pirna und Diesbar-Seußlitz auf rund 60 Kilometern aktuell über 70 verschiedene Rebsorten. So verschieden die Trauben, so unterschiedlich sind auch die Standorte. Da ist noch viel Luft nach oben.