

Es begann mit einer zweizeiligen Annonce in der Zeitung. „Reiseführer gesucht“. Etwas blauäugig hat sich Anita Lehmann darauf gemeldet, sagt sie heute. Seit 22 Jahren tourt sie nun schon mit dem Bus durch Europa. Mal ans Nordkap, nach Sizilien oder Griechenland. Bis zu drei Wochen am Stück. Dabei ist der Job alles andere als leicht. „Eine Vorstellung von der Arbeit hat keiner, die meisten halten es für bezahltes Vergnügen.“ Als Reiseleiterin steht Anita Lehmann stets im Fokus, ist für Urlauber der erste Ansprechpartner bei kleinen und großen Problemen. Kaffee kochen, Essensversorgung, Sauberkeit im Bus und da zu sein, wenn Hilfe nötig ist. „Das Spektrum der Aufgaben ist vielfältig.“ Erlebt hat sie auf den unzähligen Reisen jede Menge. Auf ihrer ersten Fahrt ans Nordkap sieht sie gleich das Schauspiel einer Mitternachtssonne. „Ein Kollege war mehr als 20 Mal da und hatte nie so ein Glück.“ Auf einem ihrer Trips nach Griechenland wird empfohlen, für einen Ausflug in die Berge auch Schneeketten einzupacken. „Das hat mich schon verwundert“, sagt sie, „und siehe da, wir brauchten sie wirklich.“ Ende Mai bot sich ihr ein Gipfelpanorama, das an die Alpen erinnerte. „So etwas in Griechenland zu sehen, konnte ich mir vorher nicht vorstellen.“ Von ihren Reisen nimmt sie viele Eindrücke mit, von der Natur und den Menschen. „Die Griechen sind am freundlichsten, aufgeschlossen und nett“ erzählt sie. Die Verständigung läuft häufig auf Englisch. Mit einem Intensivkurs hat sie zu Beginn ihrer Tätigkeit die Kenntnisse aufgefrischt. Hinzu kam eine Prüfung zum Reiseleiter, die sie als Quereinsteigerin benötigte und erfolgreich mit einer Stadtführung durch die dänische Hauptstadt Kopenhagen abschloss. Das Thema hatte sie selbst gewählt, „weil ich vorher öfter dort war und mich deshalb ganz gut auskannte“. Die Strapazen so einer Reise waren anfangs nie ein Thema. „Wenn man fit ist, schafft man das.“ Auch Heimweh spielte für Anita Lehmann keine Rolle. Statt 200 Tagen pro Jahr wie früher ist sie heute nur noch halb so lange unterwegs, maximal eine Woche am Stück. „Ich weiß, dass ich nicht mehr die Jüngste bin.“ Auf über 180 Seiten hat sie ihre persönlichen Erinnerungen aufgeschrieben. „Auf den Straßen nach Süden“ heißt das Buch. „Es war ein inneres Anliegen, davon zu erzählen, wie schön andere Länder sind.“ Erhältlich ist das etwas andere Reisetagebuch in allen gut sortierten Buchhandlungen.