Birgit Branczeisz

Autoschneisen will keiner mehr

Dresden. Autobahnen passen nicht mehr in die Innenstadt - aber wie es dann gehen oder besser fahren soll - das ist die große Frage. Ein Dilemma.

1967 wurde mit dem Bau einer Spannbetonhohlkastenbrücke mit nur einem Strompfeiler begonnen. Am 3. Juli 1971 wurde die Dr.-Rudolf-Friedrichs-Brücke eingeweiht. Friedrichs war 1945/46 OB von Dresden.  1991 entschied der Stadtrat wieder die Umbenennung in Carolabrücke.

1967 wurde mit dem Bau einer Spannbetonhohlkastenbrücke mit nur einem Strompfeiler begonnen. Am 3. Juli 1971 wurde die Dr.-Rudolf-Friedrichs-Brücke eingeweiht. Friedrichs war 1945/46 OB von Dresden. 1991 entschied der Stadtrat wieder die Umbenennung in Carolabrücke.

Bild: Quelle: Bundesarchiv

Eine Carolabrücke nach historischem Vorbild, so wie sie zuletzt aussah, mit und ohne Autos - oder doch erst eine Behelfsbrücke, bevor es richtig losgeht? Petitionen aller Art stapeln sich inzwischen im Rathaus. Der Bauausschuss wollte sich jüngst damit befassen, nun ist das Ganze auf den 16. April verschoben. Nicht aus Ratlosigkeit, sondern weil Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) an diesem Tag das Rechtsgutachten zu den Konsequenzen verschiedener Planungen und die daraus folgende   Rathaus-Variante vorstellen will. Kurz vor den Sommerferien soll der Stadtrat entscheiden, wie es weitergeht. Das ist sportlich. 2027 könnte es losgehen mit einem  Ersatz-Neubau der jetzigen Carolabrücke, hat Stephan Kühn avisiert und den Stadträten damit schon mal die Richtung vorgegeben. Und was sagen die dazu?

»Endlich«, sagt Stadtrat Engel (SPD), »die Stadt muss jetzt mal liefern«. Die Vorlage will er dann erst einmal durchdenken. Interessant aus seiner Sicht: Lässt sich das breite Auffiedern der  Fahrbahnen verändern, ohne in ein langwieriges Planfeststellungsverfahren zu rutschen? Dann bliebe zumindest für die Zukunft die Option, den wertvollen Stadtraum von der St. Petersburger Straße bis zum Hauptbahnhof neu zu denken und zu gestalten.  Denn in diesem Kern sind sich nahezu alle einig: Den sozialistischen Monumentalbau will eigentlich keiner mehr. Nur die Gründe sind jeweils andere und die damit verbundenen Sichtweisen auf die Stadt ebenso.

Während Stefan Engel dem Auto auf einer neuen Carolabrücke seinen Platz einräumt, nur eben einen stadtverträglicheren,  würde mancher bei den Grünen den motorisierten Privatverkehr gern mit einem Brücken-Neubau mit loswerden. ÖPNV, Fuß- und Radverkehr - lautet eine der Visionen, die auch als Petition vorgetragen wird. Eine Vision per Zwangsstilllegung.

Die Mehrheit der Grünen teilt sie wohl nicht und wird ihrem Baubürgermeister folgen. Susanne Krause (Grüne) will eine vernünftige Lösung und kann sich nicht vorstellen, dass die Grundstücke an der Peterburger Straße nicht mehr an die Straße angeschlossen sind. Nur, will sie eben Autoschneisen zurückbauen. Wer möchte denn jetzt an der Petersburger Straßen sitzen und ein Käffchen trinken? Ihr Fazit: Eine Autospur je Fahrtrichtung genügt. Wichtig wäre dafür, dass die  Bundesstraßen aus der Innenstadt herauskommen. Bleibt das aus, wird es voll bleiben oder noch voller werden.

Sätze wie »Wir wollen keine Stadtautobahn mehr« oder »Wir müssen den Hauptverkehr neu ordnen« kommen auch aus ganz anderer Richtung - aus der blauen Ecke. Thomas Ladzinsky (AfD) möchte aber dafür eine verkehrliche Alternative. Um neue Verkehrsachsen zu etablieben, braucht es seiner Meinung nach unbedingt die Interimsbrücke. »Zeit erkaufen«, sagt er, denn für Neuordnung und Neubau brauche man »locker zehn bis 20 Jahre«. Dass er ein Freund eines Neubaus nach historischem Vorbild ist, beflügelt das. Auch eine Bürgerbeteiligung brauche ihre Zeit. Und wie soll die Verkehrslast  bei dieser Stadtvision verteilt werden? Nach außen, auf den mittleren und äußeren Stadtring, mit einer dritten Marienbrücke in Höhe Erfurter Straße, die früher schon eimal im Gespräch war.  Klar ist ihm aber auch - das kann Dresden nicht alleine stemmen. Eine Vision, die möglichst alle Konsequenzen bedenken will und dafür Belastungen neu verteilt - nur ist das machbar?Bei der CDU hält man auch wenig von Verboten. Doch mit der »freien Fahrt für alle« ist das im viel zu engen Stadtraum so eine Sache. Veit Böhm (CDU)  befürchtet, dass der Autoverkehr einmal mehr ausgebremst wird und hadert damit. Trotzdem will er vor allem eines - eine zügige Lösung. Jetzt noch Millionen in eine Interimsbrücke zu stecken, davon hält er deshalb nichts.

 

 


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