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Warum ist Wählen wichtig?

Was sind die großen Themen, welche Lösungen gibt es? Gemeinsam mit dem Recherchezentrum CORRECTIV beantwortet der WochenKurier bis zum 26. September die wichtigsten Fragen zur Wahl - kompakt und verständlich. Zum Auftakt: Warum ist Wählen wichtig?
Die Stimmenverteilung nach Altersgruppen. Wahlberechtigte ab 50 Jahren sind deutlich in der Überzahl. Grafik: Correctiv

Die Stimmenverteilung nach Altersgruppen. Wahlberechtigte ab 50 Jahren sind deutlich in der Überzahl. Grafik: Correctiv

Warum soll ich wählen gehen? Am 26. September findet die Bundestagswahl statt. Etwas mehr als 60 Millionen Deutsche können dann ihre Stimmen abgeben. Etwa 2,8 Millionen davon dürfen zum ersten Mal wählen gehen, für die allermeisten ist aber Wählen nichts Neues. Sie haben schon ein paar Wahlen hinter sich. Wenn man sich die Geschichte unseres Landes ansieht, stellt man fest: Sich eine Regierung wählen zu können, ist für uns eigentlich sehr ungewöhnlich. Die meiste Zeit über war das nämlich gar nicht möglich: Bei den Germanen wurde zwar über Stammesfürsten abgestimmt - es durften aber nur Männer mitwählen, die auch eine Waffe tragen konnten. Es ging damals eher darum, einen Kriegsherrn zu wählen, nicht eine Regierung. Später, im Mittelalter, waren viele Menschen einfache Bauern. Sie galten als Leibeigene ohne Rechte, und natürlich durften sie nicht demokratisch mitbestimmen, wer ihr Fürst oder König sein sollte. Seit 1918 können alle erwachsenen Deutschen wählen. Denn erst vor 103 Jahren wurde das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Wer im Jahr 2021 nicht wählen will, verzichtet also freiwillig auf ein Recht, das der größte Teil der eigenen Vorfahren niemals hatte. Wer wird gewählt? Sehr wahrscheinlich wird schon am frühen Abend feststehen, wer gewonnen hat: Armin Laschet von der CDU, Annalena Baerbock von den Grünen oder doch Olaf Scholz von der SPD. Diese drei sind von ihren Parteien für die Kanzlerkandidatur aufgestellt worden, sie lächeln von den Wahlplakaten und sitzen in Talkshows. Aber wenn man es genau nimmt, stimmen die Deutschen gar nicht darüber ab, wer ins Kanzleramt einzieht. In Deutschland wird der Kanzler oder die Kanzlerin gar nicht direkt gewählt. Bei der Wahl geht es darum, welche Parteien mit wie vielen Personen in den Bundestag einziehen. Der Bundestag ist das eigentliche Machtzentrum im Land. Im Bundestag werden Gesetze verhandelt und beschlossen. Der Bundestag wählt auch den Kanzler oder die Kanzlerin. Die Abgeordneten können eine Regierung sogar stürzen und jemand anderes zum Kanzler wählen. Die Regierung wird vom Bundestag also beauftragt und soll die Politik der nächsten vier Jahre gestalten. Sie steht aber nicht über dem Bundestag. Was für Leute sitzen im Bundestag? Der Bundestag ist anders zusammengesetzt als die Bevölkerung in Deutschland. Die Unterschiede sind sogar ziemlich deutlich. In Deutschland sind etwas mehr als die Hälfte aller Menschen Frauen. Im Bundestag aber viel weniger. Dafür sind im Bundestag überdurchschnittlich viele Juristen vertreten, mehr Lehrer und Lehrerinnen, mehr Beamte und viel zu wenig junge Leute. Nur zwei Abgeordnete werden im Handbuch des Bundestages als Hausmann/Hausfrau geführt. Auch an anderer Stelle können fehlende Erfahrungen im Parlament zum Problem werden: Wenn zum Beispiel über die Nöte Alleinerziehender geredet wird, dann kennt ein großer Teil der Abgeordneten solche Probleme nur aus der Ferne. Wie wichtig ist meine Stimme? Bei der letzten Bundestagswahl 2017 haben etwa 47 Millionen Menschen abgestimmt. Da kann man leicht auf die Idee kommen, dass eine einzelne Stimme gar nicht ins Gewicht fällt. Aber das stimmt nicht so ganz. Wahlen können knapp ausgehen. Manchmal reicht es für zwei oder drei Parteien so gerade eben nicht für eine gemeinsame Mehrheit. Oder ganz knapp nicht für den Einzug in den Bundestag. Die Verlierer wären dann froh, wenn sich doch ein paar mehr Menschen aufgerafft hätten. Ein anderes Beispiel zeigt, wie wichtig die einzelnen Stimmen sein können: Um in den Bundestag zu gelangen, braucht eine Partei fünf Prozent der abgegebenen Stimmen. Das heißt: Wer nicht wählt, sorgt dafür, dass es für kleine Parteien leichter wird, in den Bundestag zu gelangen. Damit steigt rechnerisch die Chance, dass noch mehr Parteien gewählt werden, die man eigentlich ablehnt. Für was ist der Bundestag zuständig? Wenn Parteien im Wahlkampf versprechen, sich für bessere Schulen einzusetzen, mehr Polizisten auf die Straße zu schicken oder mehr sozialen Wohnungsbau zu beschließen, dann ist das vor allem eines: Wahlkampfgetöse. Die Themen sind zwar wichtig, aber der Bundestag ist dafür gar nicht zuständig. Schulen, Polizei und sozialer Wohnungsbau sind Ländersache. Der Bund kann Geld dafür beisteuern, bestimmen kann er über diese Bereiche aber nicht. Er ist für andere Themen zuständig, zum Beispiel für die Sozialpolitik. Oder für Verteidigung und Außenpolitik. Arbeitsschutzgesetze kommen in der Regel vom Bund, die meisten Steuern werden im Bundestag in Berlin beschlossen, ebenso die Gesundheitspolitik. Und, ganz wichtig in den nächsten Jahren: der Klimaschutz. Klimaziele werden von der Regierung festgelegt, sie unterschreibt auch die internationalen Verträge. Darf ich in der Wahlkabine ein Selfie machen? Nein. Fotografieren des Wahlzettels in der Wahlkabine ist verboten. Der Grund: Was in der Wahlkabine passiert, ist geheim. Das gilt sogar für den eigenen Wahlzettel. Es wäre darüber hinaus strafbar, wenn man Wahlzettel von anderen fotografiert. Merkwürdig ist übrigens: Wer Briefwahl macht und seinen Wahlzettel am Küchentisch ausfüllt, darf davon ein Foto zeigen. Welchen Informationen kann ich glauben? Morgens ein Blick in die Zeitung, im Bus schnell Facebook, Twitter, Instagram checken, zwischendurch Nachrichten auf Telegram oder Whatsapp: Auf jeden einzelnen Menschen prasseln täglich unzählige Nachrichten ein - es wird immer schwieriger, sich zurecht zu finden. Dennoch haben die meisten Menschen ein ganz gutes Gespür dafür, wem man eine Nachricht wohl glauben kann und wo vielleicht Falschnachrichten verbreitet werden. Bei einer Studie der Uni Mainz hielten 70 Prozent der Befragten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für glaubwürdig. Bei den Zeitungen schnitten vor allem die Regional-Zeitungen gut ab. Klar, was da verbreitet wird, haben viele Leser ja direkt erlebt. In sozialen Netzwerken wiederum verbreiten sich Nachrichten am schnellsten - aber eben oft auch ungeprüft. Nur fünf Prozent halten Nachrichten, die sie über Netzwerke wie Telegram erhalten, für glaubwürdig. Über den Verfasser: CORRECTIV ist ein gemeinnütziges Medium und steht für investigativen Journalismus. Die vielfach ausgezeichnete Redaktion deckt systematische Missstände auf, prüft Falschmeldungen im Netz und fördert Medienkompetenz mit eigenen Bildungsangeboten. Sorgfältig recherchierte Informationen stärken öffentliche Debatten und geben Orientierung im Wahlkampf. Mehr unter www.correctiv.org/wahl2021/


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