GHND-Bilanz: "Es hat sich gelohnt"
Dresdens Herz schlägt am Neumarkt. Daran gibt es keinen Zweifel. Nicht bei den meisten Dresdnern, nicht bei den Millionen Touristen. Und auch nicht bei vielen Bau-, Architektur- und Gestaltungsexperten, wie diverse Auszeichnungen belegen. So zeichnete schon 2008 die Philippe Rotthier Stiftung den Neumarkt als »Beste Rekonstruktion eines historischen Zentrums« aus, ein Jahr später erhielt die GHND den Bundespreis für Stadtentwicklung und Baukultur in der Kategorie »Engagiert für die Stadt – Zivilgesellschaft und private Initiative« und Vereinsvorstand Torsten Kulke 2018 schließlich in den USA den internationalen »Henry Hope Reed Award« für sein Engagement beim Wiederaufbau des Dresdner Neumarkts. "Das Maß ist voll. Wir müssen handeln" Doch es hätte auch vieles schief gehen können bei der Wiederbelebung des Platzes. Denn erste Planungen sahen nur 15 neu zu bauende historische Leitbauten (heute 63) vor, dafür sehr viel Moderne in Beton und Glas als Umfeld für die Frauenkirche, deren Wiederaufbau vielen Menschen noch immer als (Welt)Wunder gilt. So sollte das Hotel de Saxe ein moderner Kastenbau werden, das Schützhaus wäre ein Betonklotz geworden und wo heute das Moritzhaus steht, hätte ein Gebäude mit aufgemalten Blumen an der Fassade gestanden. Nicht zu reden vom größten aller Aufreger, dem neuen Gewandhaus, dessen Entwurf zu regelrechten Tumulten in Bürgerversammlungen führte. »Da war für uns im April 1999 das Maß voll, wir gründeten den Verein, weil wir uns bei der Planung Gehör verschaffen wollten«, erinnert sich Torsten Kulke an den April 1999, als die Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden (GHND) sich gründete. »Wir« waren Architekten, Historiker, Denkmalpfleger und viele engagierte Bürger. Von anfangs 20 Mitgliedern wuchs die GHND schon im ersten Jahr auf 500, im zweiten auf 750 Mitglieder. Sie alle einte ein Gedanke: »Wenn das, was hier geplant auch gebaut wird, dann wird der Neumarkt nie Dresdens neue Mitte.« Mit vielen Bürgerversammlungen, einem stadtweiten Bürgerbegehren, Bausymposien und nicht zuletzt dem ehrenamtlich betriebenen Infopavillon am Pirnaischen Platz klärten die engagierten GHNDler unermüdlich auf und erzeugten ein breites Bewusstsein für die Chancen, die sich an diesem Platz ergeben würden. Allerdings: "Wer Gegenwind erzeugt, muss mit Gegenwind rechnen", sagt Kulke rückblickend. Einige Stadtpolitiker, aber auch nicht wenige Architekten und Stadtplaner warfen dem Verein vor, am Neumarkt neue Enge mit Pumpsklos bauen zu wollen und mit Kutschen fahren zu wollen. Gut. Letztere sind jetzt dort zu finden …. Mit eigenem Haus bewiesen: Es geht Der Rest ist Geschichte, zum Glück für den Neumarkt. Längst dient der Platz Stadtvätern in Frankfurt/Main und Potsdam als Wiederaufbau-Vorlage. Und das dürfte einer der größten Verdienste der GHND sein. Die Gesellschaft hat übrigens ziemlich cool bewiesen, das Bauen nach historischem Vorbild durchaus machbar und bezahlbar ist in Dresdens neuer Mitte. Das Haus Rampische Straße 8 ist der beste Beweis dafür. Auf einer relaiv kleinen Originalparzelle von 156 qm entstand ein Gebäude mit historischer Fassade, wie es vor der Zerstörung Dresdens hier stand. "Obwohl es mit 6.80 Metern Breite ein sehr schmales Haus ist, konnten wir modernste Wohnverhältnisse schaffen", sagt Kulke stolz. Gebaut wurde mit Spenden und Kredit, für gerade mal 2,1 Millionen Euro inklusive Baugrundstück. Heute sind neben dem Sitz der GHNC hier ein Café und ein Schuhladen zu finden, die kleinen Wohnungen werden an Studenten der Hochschule für Musik vermietet. Das Haus selbst ist in eine GHND-eigene Stiftung übergegangen. 20 Jahre: Wie geht's jetzt weiter? Noch zwei große Bauvorhaben stehen bevor, ehe in zwei, drei Jahren Dresdens Herz komplett schlagen wird. Und dann? »Wir schauen jetzt auf das Königsufer und den Neustädter Markt«, blickt Torsten Kulke voraus. Dort, wo der Goldene August reitet, warten neue große Vorhaben. »Dabei mitzumischen macht uns immer noch großen Spaß«, sagt der GHND-Chef. Zuvor wird das 20-jährige Bestehen gefeiert. Worüber sich der Verein am meisten freuen würde? "Wenn wir ein kleines 'Dankeschön' von der Stadt hören würden, eine kleine Anerkennung. Bisher war davon nicht allzuviel zu spüren. Wir wurden eher als Gegner statt als Partner gesehen, haben viele Knüppel zwischen die Beine bekommen." Was nicht ist, kann ja noch werden. Vielleicht holt sich ein Vertreter der Stadt ja auch irgendwann mal die Urkunde von 2008 der Philippe Rotthier Stiftung für den Neumarkt als »Beste Rekonstruktion eines historischen Zentrums« ab, die einmal an den Verein und einmal an die Stadt ausgereicht wurde. Das städtische Exemplar hängt allerdings seitdem im Infopavillon der GHND, die Stadt wollte es bisher nicht haben.... Stadtbausymposium am 13. Mai im Plenarsaal Neues Rathaus (mit Simultanübersetzung französisch, englisch, italienisch) * Drei Themenkomplexe: Teil I: Leitbild des Europäischen Städtebaus, New Urbanismus und 10 Grundsätze des Städtebaus; Teil II: Städtebau und Architektur – Einfluss auf den Menschen;Teil II: Die Hochschulen * 17.30 bis 19 Uhr Diskussion * Veranstaltung ist öffentlich und kostenfrei * Anmeldung unter: