André Schramm

Ein Zentrum mitten in Sachsen

Die Hängepartie um das Jagdschloss Grillenburg ist womöglich bald vorbei. Die TU Dresden hat viel vor mit dem denkmalgeschützten Ensemble.

 Da musste sogar Tharandts Bürgermeister seinen Urlaub unterbrechen. »Dafür habe ich´s gern gemacht«, sagte Silvio Ziesemer (parteilos) nach dem eilig anberaumten Besuch des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und des TU-Dresden-Rektors Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen auf der Schlossinsel Grillenburg. Freistaat und Universität verkündeten unisono, ein Tagungs-, Kongress- und Eventzentrum errichten zu wollen. Zudem soll ein Hotelneubau mit 140 Betten entstehen. »Ein Kulturdenkmal dieser Größenordnung wäre eigentlich von Anfang an Aufgabe des Freistaates gewesen. Kleine Gemeinden sind damit überfordert«, sagte Kretschmer bei seinem Besuch in Grillenburg. Tharandts Bürgermeister hatte den Ministerpräsidenten beim Meilerfest im Mai auf das Thema Jagdschloss angesprochen.  »Dass nun alles so schnell geht, hätte ich nicht gedacht«, so Ziesemer.  

Wechselhafte Geschichte

Die Wurzeln des Ensembles reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück. In den 30er Jahren wurde das »Neue Jägerhaus« (hinter dem Jagdschloss) von Sachsens NSDAP-Gauleiter und Landesjägermeister Martin Mutschmann genutzt. Nach Kriegsende diente das Anwesen als Heim für die Verfolgten des Naziregimes. 2006 machte die Stadt Tharandt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und kam damit Kaufinteressenten aus der rechten Szene zuvor. Knapp ein Jahrzehnt später boten Freistaat und Forststadt die Schlossinsel auf der Expo Real in München feil. 45 Interessenten gab es, u.a. auch die TU Dresden. 2017 entschied der Stadtrat, das stadteigene Areal der TU Dresden für die Entwicklung zu überlassen. Das vordere Grundstück, auf dem sich das Jagdschloss befindet, gehört dem Freistaat.  

Über 30 Millionen Euro investieren

»Das Schloss selbst befindet sich in einem guten Zustand. Das Dach und die Fenster sowie die Heizung wurden erneuert«, sagt Tharandts Bürgermeister Ziesemer.  Für das Jägerhaus gilt das allerdings nicht.
Neben dem Umbau beider Häuser zu Tagungsstätten soll auf dem Areal außerdem ein Hotelneubau mit 70 Zimmern entstehen. Die vorläufigen Gesamtkosten werden auf mehr als 30 Millionen Euro beziffert. Unklar ist noch, wer und zu welchen Teilen sich daran finanziell beteiligt. Dass Patricia Lips (CDU) dabei war, dürfte ein Indiz dafür sein, dass auch der Bund finanziell in die Pflicht genommen werden soll. Lips ist Berichterstatterin für den Kulturhaushalt des Bundes. »Es ist wichtig, dass ein vernünftiges Nutzungskonzept dahinter steht, denn die Unterstützung eines Projektes in dieser Größenordnung weckt auch anderswo Begehrlichkeiten«, sagte sie. Mancher spricht schon jetzt von dem Wissenschaftstagungszentrum mitten in Sachsen. Ganz verkehrt ist das nicht. Der geografische Mittelpunkt liegt nicht weit weg, die TU Bergakademie Freiberg ebenso wenig. »Ich sehe eine große Chance, endlich einen anderen Geist hierher zu bringen und das Areal vernünftig zu entwickeln. Wir als 5.000 Einwohner Gemeinde können das nicht stemmen«, so Ziesemer.  Die Öffentlichkeit will man künftig nicht ganz aussperren. So sollen u.a. Hochzeits- und Geburtstagsfeiern auf dem Schloss möglich sein.


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