

Es gibt nicht viele Künstler, die mehrere Genres so meisterhaft beherrschen wie Hermann Naumann. Er ist Maler, Bildhauer, Grafiker – und da einer der wenigen, der die aus der Renaissance stammende Technik des Punzenstichs beherrscht und sie vor dem Vergessen bewahrte.
Geboren am 14. Februar 1930 in Kötzschenbroda, ging Hermann Naumann in den Nachkriegsjahren in eine Steinmetzlehre. Parallel dazu erhielt er eine Privatausbildung zum Plastiker bei Burkhart Ebe. Von 1947 bis 1949 folgte eine Bildhauerlehre bei Herbert Volwahsen. Ab 1950 war er freischaffend tätig und arbeitete und lebte im Loschwitzer Künstlerhaus. »Für ihn gab es keinen akademischen Ansatz, sondern eine ‚Privatakademie im Künstlerhaus‘, die eine akademische Ausbildung mehr als ersetzte«, fasst es Dr. Jördis Lademann, Kunstwissenschaftlerin und profunde Kennerin seines Werkes, zusammen.
Mit 20 Jahren wurde er 1950 als jüngstes Mitglied in den Künstlerverband aufgenommen. »Beworben hatte er sich damals mit der Plastik ‚Ursula‘, seiner ersten Frau. Auch in den folgenden Jahrzehnten schuf Hermann zahlreiche Metallplastiken und Skulpturen, die heute noch an vielen Orten stehen«, erinnert seine Ehefrau Helga Luzens (84), die das künstlerische Werk von Hermann Naumann pflegt und hütet. Zu seinem 90. Geburtstag begann sie, das Werkverzeichnis ihres Ehemanns aus über 70 Schaffensjahren zu erstellen.
»Ich habe begonnen, alle Arbeiten von Hermann zu durchforsten und bin auf über 25.000 gekommen. Das Werkverzeichnis wird nach Rubriken unterteilt. Aber zu tun ist da noch sehr viel«, meint sie. Sie betreut nicht nur ihren kranken Mann, sondern hat auch selbst mit gesundheitlichen Problemen zu tun.
Und dennoch, der 95. Geburtstag von Hermann Naumann lässt erahnen, wie der Künstler sich mit einem ganzen Jahrhundert deutscher Kunst auseinandergesetzt hat. Das Galeriehaus Hofmannsches Gut in Dittersbach, wo die beiden seit 1995 leben und Helga Luzens seit 1998 eine Galerie betreibt, ist bis unters Dach mit den Werken aller seiner Genres gefüllt.
Eine Reise durch das Werk des Künstlers
Der Bildhauer Hermann Naumann begegnet dem Besucher schon im Garten des Hofmannschen Gutes – zum Beispiel in Gestalt eines stolzen Hahnes und einer eigensinnig verspielten Katze, die mitten in der Landschaft stehen.
Skulpturen und Reliefs von Hermann Naumann trifft man auch in Dresden – am Sandsteinerker des Studentenwohnheims in der Fritz-Löffler-Straße, am Erker beim Gänsediebbrunnen oder am Grabdenkmal für Ernst Hassebrauk auf dem Loschwitzer Friedhof.
International bekannt wurde Naumann daneben vor allem durch seine Buchgrafik schon zu DDR-Zeiten. Anregungen für seine Werke erhält er oft durch die Literatur. Exemplarisch dafür steht sein Grafikzyklus zu Dostojewski, aber auch zu Werken von Kafka, Hamsun und anderen. Eine ganze Mappe mit Grafiken schenkte er 2015 dem Dostojewski-Museum in St. Petersburg. Bücher mit seinen Grafiken wurden als schönste Bücher der DDR ausgezeichnet.
In der zweiten Hälfte seines Lebens war es vor allem der Maler Hermann Naumann, der viele Natur- und Landschaftsbilder, aber auch Stillleben schuf.
»Für uns als StadtMuseum Pirna ist es eine Verpflichtung, Hermann Naumann zu würdigen. Es ist die erste Ausstellung des Künstlers hier in unserem Haus. Es ist eine Kabinettausstellung mit grafischen Blättern, meist mit Literaturbezug, die natürlich nur einen Ausschnitt des riesigen künstlerischen Schaffens zeigen kann«, erklärt Museumspädagogin Gerburg Sturm zur Eröffnung, die sich auch bei Galeristin Helga Luzens für ihr großes Engagement bedankte.
Erst vor kurzem übergab Helga Luzens sechs Galeriebücher an das Museum, die anhand von Fotos, Gästekommentaren, Plakaten und Zeitungsartikeln über 25 Jahre Galerie im Hofmannschen Gut dokumentieren und sicher noch ihre Fortsetzung finden.
Der Künstler selbst konnte kranheitsbedingt an der Eröffnung leider nicht teilnehmen, übermittelte aber herzliche Grüße an alle Besucher.
Die Ausstellung im Pirnaer Stadtmuseum, »Hermann Naumann – 95 – Der Künstler und sein Werk«, wird bis 21. April gezeigt. Mehr Infos: www.stadtmuseum-pirna.de