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Unbeständig, wie das Wetter

Landkreis Meißen. Keine Katastrophenstimmung beim Ernteauftrakt - aber dennoch verhaltene Erwartungen für die Ernteergebnisse in der Region. Der Schuldige ist schnell ausgemacht: Das Wetter!

Sie sind die engsten Kollegen oder auch die energischsten Feinde: Der Bauer und das Wetter. Beim Ernte-Auftakt des Sächsischen Landesbauernverbandes e.V. und des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft war allerdings schon ein Teil der Gerste und auch der Raps bereits eingebracht. »Wir sind in diesem Jahr gut drei Wochen früher dran als durchschnittlich üblich«, erklärt Benjamin Dubiel, stellvertretender Pflanzenbauleiter des Landwirtschaftsbetriebs Milchcenter »Dorfheimat« Prausitz eG.

 

Nach einem milden und niederschlagsreichen Winter starteten die Bauern im Landkreis eher als üblich in das Frühjahr und in die Feldarbeit. Die wassergesättigten Böden erschwerten aber großflächig die Aussaat der Sommerkulturen, beeinflussten die Befahrbarkeit der Äcker zur ersten Düngergabe und hemmten die Wurzelbildung bei den Pflanzen. Ende März sorgten die darauffolgenden Spätfröste für noch unkalkulierbare Auswinterungsschäden in den Winterungen. Dies sorgte für eine Stagnation der bereits 21 Tage im Voraus entwickelten Feldbestände. Die ab April eher verhaltenen und nur regional starken Niederschläge verursachten eine schnelle Abtrocknung des Bodens und die anfangs kühlen Junitage sorgten für eine langsame Abreife der Wintergerstenbestände.

 

Für die Ernte bedeutet das, die Region wird in diesem Jahr von den vielfältigen Witterungseinfüsse in kurzer Zeit - milder Winter, viel Regen, trockener April und Frost im Frühling - beeinflusst, dies führt auch zu unkalkulierbaren Ernteprognosen.

 

Zu den genauen Auswirkungen informierten jetzt der Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes e. V., Torsten Krawczyk, für Sachsen sowie die Geschäftsführerin des Landwirtschaftsbetriebes Milchcenter »Dorfheimat« Prausitz eG, Sybille Schmidt, bezogen auf den Nordwestlichen Teil von Meißen. Landwirtschaftsstaatssekretärin Gisela Reetz sprach aktuelle agrarpolitische Themen an. Auch diese beeinflussen den Lohn, den die Landwirte für ihre Arbeit bekommen und was letztlich den Erfolg oder Misserfolg einer Ernte umfasst. Deshalb schauen die Bauern nicht nur auf das Wetter, sondern auch auf die Entwicklung der Märkte und die Preisentwicklungen: »Für uns ist die Auswertung eines Erntejahres erst abgeschlossen, wenn der Lohn für unsere Arbeit auf unserem Konto ist«, erklärt der Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes e.V., Torsten Krawczyk.

 

Bauern freuen sich auf die Ernte und kämpfen weiter gegen Bürokratie

 

Die Bauern im Landkreis rechnen mit durchschnittlichen Erträgen. »Die positiven Bedingungen und negativen Wettereinflüsse werden sich gegenseitig neutalisieren und so zu einer durchschnittlichen Ernte führen«, spekuliert Bauernpräsident Torsten Krawczyk und ist gespannt: »Wie genau sich die Spätfröste auf die Erträge und auf die Qualität der Sommer- und Winterkulturen ausgewirkt haben, bleibt noch offen. Die Wintergerste könnte ziemlich gelitten haben, einige Landwirte fanden vermehrt taube Ähren in ihrem Getreide vor. Wir erwarten gespannt die Meldungen der Ernte, die das Ausmaß der Schäden zeigen werden. Am Ende ist es aber wie so oft: Die Druschsaison ist ein nicht beeinflussbares Glücksspiel.«

 

Landwirtschafts-Staatssekretärin Gisela Reetz: »Die Landwirte stehen auch in Sachsen vor riesigen Aufgaben. Die Klimakrise schlägt in Form von stark wechselnden Extremwetterlagen durch, es gibt gesellschaftliche Diskussionen, ökologische dringende Handlungsbedarfe und großen wirtschaftlichen Druck. Das zeigen die letzten Monate und Jahre, das zeigen auch die Zahlen der Agrarberichterstattung. Das heißt: Es braucht eine umfassende Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit. Daran arbeiten wir. Zugleich wollen wir den bürokratischen Aufwand möglichst reduzieren. Die Landwirte sollen ihre Höfe bewirtschaften und nicht die Aktenschränke. All das versuchen wir gemeinsam mit der Branche unter einen Hut zu bringen – auch in einem noch intensiveren Dialog. Allerdings darf Bürokratieabbau nicht heißen, dass wir in punkto Ökologie und Klimaschutz den Rückwärtsgang einlegen.«

 

Die sächsischen Landwirte sehen sich bei den beschlossenen Hilfen nicht berücksichtigt, denn die Struktur von großen bäuerlichen Genossenschaften finden dort kaum Berücksichtigung. Auch die Finanzierung des gewünschten nachhaltigen Ackerbaus und die zunehmende Ökologisierung bleibt offen. Größere Sorgen als das Wetter bereiten den sächsischen Landwirten die kontinuierlich fallenden Marktpreise in den letzten vier Wochen. Eine Stabilisierung sei nicht in Sicht. Durch den geringen Absatz der Ernte im Vorjahr sind vielerorts die Lager noch gefüllt mit Erntegut, das mitunter nicht mehr zur Lebensmittelverarbeitung verwendet werden kann. Die Lage spitzt sich nun zum Start der diesjährigen Erntesaison weiter zu. Der notwendige Sofort-Verkauf ihrer Druschfrüchte kommt den Landwirtschaftsbetrieben teuer zu stehen. »Volle Lager, niedrige Marktpreise und Verkaufszwang zerstören unsere heimischen Marktfruchtbetriebe«, so Krawczyk.

 

Anbauumfang

Die sächsischen Landwirte bearbeiten in diesem Wirtschaftsjahr rund 702.846 ha Ackerland.

Davon entfallen ca. 366.100 ha auf den Getreideanbau einschließlich Körnermais.

Auf 179.000 ha wächst Weizen (-2,3 %), Gerste auf 114.300 ha und Roggen auf 31.600 ha (-5,3 %).

Weitere Getreidearten sind Triticale (14.800 ha), Körnermais mit 12.800 ha und Hafer mit 13.600 ha.

Winterraps ist nach dem Getreide mit 107.200 ha die bedeutendste Fruchtart.

Silomais wird auf einer Fläche von 83.500 ha (-0,4 %) und Zuckerrüben auf 16.600 ha (+1,5 %) angebaut.


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