Constanze Junghanß

Warum Weihnachtsbäume zu duftendem Granulat werden

Mengelsdorf. In Mengelsdorf wird mit Laub und Grünschnitt experimentiert. So könnten Kunststoffe in Zukunft ersetzt werden. Ein Modellprojekt.

Norbert Döring (rechts im Bild) und Mitarbeiter Jens Kroker (links) und Jan Kowalik verarbeiten nicht nur Laub, sondern auch die aussortierten Weihnachtsbäume zu Granulat.

Norbert Döring (rechts im Bild) und Mitarbeiter Jens Kroker (links) und Jan Kowalik verarbeiten nicht nur Laub, sondern auch die aussortierten Weihnachtsbäume zu Granulat.

Bild: Constanze Junghanß

Zu den zehn Tonnen Laub sind in der Mengelsdorfer Scheune nun noch Weihnachtsbäume angekommen. Die stammen aus dem Görlitzer Umland, wie Norbert Döring sagt. Döring ist Vorsitzender des Gedes-Vereins. einer Forschungsgemeinschaft für dezentrale Energiesysteme. Im Minidorf und auf seinem Hof entstand das »Kompetenzzentrum Laub« in Zusammenarbeit mit der Hochschule Zittau/ Görlitz, der Advanso GmbH Königshain, den Stadtwerken Ebersbach-Neugersdorf, der Stadt Reichenbach und eben dem Gedes-Verein. Der Fokus liegt auf der Verwertung von Laub, berichtet der Tüftler. Das sei keinesfalls nur ein Abfallprodukt und vielleicht sogar für den Komposthaufen zu schade. In Mengelsdorf fanden die Akteure ganz andere Nutzungsmöglichkeiten heraus, haben dazu Maschinen aufgebaut. Ein Gerät erinnert an ein Förderband. Das Ende spuckt braune Krümel aus, die später einmal industriell verarbeitet werden könnten.

»Begonnen haben wir mit der Herstellung von Pellets zum Heizen aus den ganzen Blättern«, sagt Norbert Döring. Statt Holzpellets also »Presskörner« aus dem, was die Bäume im Herbst in Massen so oder so abwerfen. Herauskristallisiert habe sich im Laufe der Zeit jedoch: »Laub ist zum Verbrennen viel zu wertvoll«, schätzt der Mengelsdorfer ein. Mittlerweile wird aus dem Naturmaterial Granulat hergestellt, aus dem Kunststoffe ersetzt werden könnten. Versuche gibt es bereits. Norbert Döring und sein Team haben Verschlusskappen für Feuerwerkskörper aus dem Blätterabfall hergestellt, die sich rein optisch nicht von solchen Kappen aus Plastik unterscheiden und erstaunlich robust aussehen. Denn auch darum geht es: Können Plastikkunststoffe durch natürliche Materialien ersetzt werden? Das Mengelsdorfer Kompetenzzentrum ist für die kommenden 1,5 Jahre Dank Mitteln aus dem Kohleausstieg gesichert, wie Döring erläutert. Die Ideen und Erfahrungen, die beim Projekt gesammelt werden, sollen langlebiger sein.

»Wir haben im vergangenen Jahr die WertLaub GmbH gegründet, durch die einmal in Zukunft Arbeitsplätze in zweistelliger Zahl geschaffen werden könnten«, so der 63-Jährige.

Derweil wird im Kompetenzzentrum geforscht und experimentiert, welche schnell nachwachsenden Rohstoffe neben Laub ebenso in die Verarbeitung kommen. Kommunaler Grasschnitt beispielsweise oder Material aus der Landschaftspflege. Selbst die Weihnachtsbäume werden so einer Wiederverwertung zugeführt. Dann duftet das mit ausrangierten Tannen versetzte Granulat ein wenig nach Waldluft. Eine wohlriechende Stalleinstreu, unter anderem für Kleintiere, entsteht.

»Laub als Zusatzeinstreu bindet Ammoniak, das war eins der Ergebnisse im Forschungsrahmen«, berichtet Norbert Döring.

Mit dem Laubprojekt werden in Mengelsdorf gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Die Blätterberge stammen einerseits von Privatgrundstücken, die damit das Laub nicht entsorgen mussten. Das wird rege genutzt. Und andererseits von Straßenbäumen der Stadt Reichenbach. Dafür wurden im letzten Herbst wieder riesige Säcke im öffentlichen Raum verteilt. 2024 waren auch noch Tonnen von Blättern aus Ebersbach Neugersdorf dazu gekommen. Aktuell sei jedenfalls genug Material vor Ort, um damit weiter zu experimentieren, zeigt Norbert Döring auf den XXL-Laubberg.


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