Stolz auf: »Görlitz – Welterbe ohne Titel«
Was eint Dresden und Görlitz hinsichtlich des Weltkulturerbe-Titels? Beide Städte haben ihn nicht. Mit dem Unterschied: In der Landeshauptstadt sorgte der Bau der Waldschlößchenbrücke dafür , dass der Kulturlandschaft Dresdner Elbtal der Titel aberkannt wurde. Görlitz hingegen hatte den Titel noch nicht, war aber nahe dran. In Dresden wird nach dem Einsturz der Carola-Brücke wohl der letzte Kritiker nicht mehr daran zweifeln, dass der Bau richtig und wichtig war. Und in Görlitz muss man nicht depressiv werden, denn die Stadt hat weitaus mehr zu bieten als einen solchen Titel.
Sechs Bemühungen gab es seit dem Jahr 1988, um für Görlitz den UNESCO-Welterbetitel zu erhalten. Das und mehr dazu erfuhren am Abend des 30. September die Gäste im Kulturforum Görlitzer Synagoge, die unter dem Thema: »Görlitz - Welterbe ohne Titel?« zusammengekommen waren.
An fehlenden Anstrengungen kann es nicht gelegen haben. Umfangreiche und hochqualifizierter Bewerbungsunterlagen waren eingereicht worden. Ein großer Verfechter für den Welterbetitel war der Denkmal-Papst Gottfried Kiesow. Für ihn war Görlitz die schönste Stadt Deutschlands.
Die Stadt Görlitz mit ihren vielen Denkmalen – 3.600 von ihnen sind erfasst – wird die Entscheidung der UNESCO überleben, denn Görlitz ist für sich bereits ein »bedeutendes historisches Erbe und Identitätsstiftend«, wie es ein Redner formuliert hat.
Neben Oberbürgermeister Octavian Ursu und Bürgermeister Benedikt Hummel setzte Markus Franke, Abteilungsleiter Kunst im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus letzte Worte unter das Kapitel Weltkulturerbe-Bewerbung. Markus Franke ist als Ur-Görlitzer gleichzeitig trauernder Angehöriger. Doch dabei wolle er nicht stehenbleiben. Franke sagte: »Es gilt, mit der gleichen, ursprünglichen Motivation auf neue Ziele und nach vorn zu blicken.« Markus Franke verweist darauf, dass Sachsen bisher dreimal einen Eintrag auf die weltweite Liste des kulturellen Erbes der Menschheit mit universellem Wert schaffen konnte. »Der erste und der dritte Eintrag bilden eine Klammer, in dessen Mitte Görlitz liegt: Der Muskauer Park im Norden unseres Landkreises wurde 2004 zum Welterbe erklärt. Die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeinde südwestlich von Görlitz wurden es 20 Jahre später vor wenigen Wochen. Ein Landkreis – zwei Welterbe, zu denen noch das UNESCO-Biosphärenreservat der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft kommt, das 1996 anerkannt wurde. Wenn wir nun unseren Heimatbegriff nicht zu eng mit dem Zirkel um Rathausturm und Peterskirche ziehen, dann ist Görlitz mitten im Welterbe«, so der Kulturabteilungsleiter.
»Aufstehen, Krone richten und weitergehen«, so die Devise. Görlitz soll nicht neue Wege einschlagen, denn die bisherigen waren und sind richtig. Dies untersetzte Eva Wittig, die Geschäftsführerin der Europastadt Görlitz/Zgorzelec für Wirtschaftsentwicklung, Stadtmarketing und Tourismus in ihrer Präsentation mit fundierten Zahlen und Fakten.
»Lassen Sie uns stolz sein auf Görlitz«, war in einer Ansprache zu hören – und das Zukunft Herkunft braucht. Görlitz, das zwischen den erwähnten Welterbetitel-Stätten liegt, darf erhobenen Hauptes diese schwer verständliche Entscheidung hinter sich lassen, nach dem Motto: Vorwärts immer – rückwärts nimmer. Vielleicht ist »Görlitz – Welterbe ohne Titel« der eigentliche UNESCO-Welterbetitel für Görlitz?