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Panzer statt Schienenfahrzeuge

Görlitz. Das Rüstungsunternehmen KNDS investiert als Nachfolger von Alstom einen zweistelligen Millionenbetrag in Görlitz.
Panzer statt Schienenfahrzeuge. Mit der Übernahme durch KNDS wird die Produktion umgestellt.

Panzer statt Schienenfahrzeuge. Mit der Übernahme durch KNDS wird die Produktion umgestellt.

Bild: cj

Statt Schienenfahrzeuge werden in Görlitz künftig verschiedene Baugruppen für den Kampfpanzer Leopard 2, den Schützenpanzer Puma und Module für verschiedene Varianten des Radpanzers Boxer gebaut. Das deutsch-französische Rüstungsunternehmen KNDS übernimmt den Standort von Alstom und will einen zweistelligen Millionenbetrag investieren. Alstom hatte im Vorjahr angekündigt, das Werk bis Ende März 2026 zu schließen. Begründet wurde das mit einer Umstrukturierung. Bislang erfolgt in Görlitz die Produktion von Doppelstockwagen. Aktuell werden noch zwei Straßenbahnprojekte umgesetzt.


Im Görlitzer Alstom-Unternehmen arbeiten etwa 700 Menschen. Deren größte Sorge, so sagte vergangene Woche Alstoms stellvertretender Betriebsratsvorsitzender Toni Menzel gegenüber der Wochenkurier-Redaktion, sei der des Arbeitsplatzverlustes.


KNDS will 350 bis 400 der Beschäftigten in Görlitz übernehmen. Desweiteren sollen 100 Mitarbeiter Job-Angebote an anderen Alstom-Standorten bekommen, darunter im Nachbarlandkreis Bautzen. Bis zu 75 Mitarbeitern werde eine berufliche Perspektive an verschiedenen KNDS-Standorten angeboten. Für alle anderen soll "eine faire und sozialverträgliche Lösung herbeigeführt werden", heißt es. Die Zahlen wurden am Mittwoch auf einer Pressekonferenz vor Ort offiziell genannt.


Der Übergang nun wird schrittweise erfolgen und voraussichtlich 2027 abgeschlossen sein. Die neue Produktion läuft bereits in diesem Jahr an. Florian Hohenwarter, COO von KNDS, betonte dass durch den neuen Görlitzer Standort die Fertigungskapazitäten erweitert werden, "um die Verteidigungsfähigkeit von Deutschland zu stärken."


Die Verkündung der Einigung zwischen Alstom und KNDS erfolgte im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) vor zahlreichen Medienvertretern. Bundeskanzler Scholz (SPD) betonte, dass Industriearbeitsplätze erhalten bleiben, obwohl Alstom vom Standort weggeht. "Die großartigen Beschäftigten sind der Hauptgrund, weshalb KNDS Deutschland künftig hier in Görlitz produziert und Arbeitsplätze sichert", sagte Olaf Scholz. Die Produktion in Görlitz sorge für mehr Sicherheit in Deutschland. "Ich bin sehr froh, dass sich Alstom und KNDS geeinigt haben", so der Bundeskanzler. Ministerpräsident Kretschmer sprach von einem "Neustart für diesen traditionsreichen Görlitzer Industriestandort." Die Produktionsgeschichte des ehemaligen Waggonbau Görlitz reicht auf über 175 Jahre zurück.


Vor dem Alstom-Gelände protestierten eine übersichtliche Zahl an Menschen gegen die Übernahme durch KNDS. So hatten das BSW zu einer Kundgebung unter dem Motto "Frieden statt Panzer!" aufgerufen. 500 Teilnehmer waren nach Polizeiangaben angemeldet. Geschätzt kamen weniger als 100 Protestler. Eine eigene Demonstration hatte die Partei Die Linke vor Ort durchgeführt. An dieser sollen sich nach Information des Wochenkurier etwa ein Dutzend Teilnehmer beteiligt haben. Linksfraktionschefin Susanne Schaper hatte zuvor in einer Pressemitteilung mitgeteilt: "Niemand sollte es feiern, wenn eine neue Rüstungsfabrik entsteht."


Kathrin Michel (SPD), Bundestagsabgeordnete für den Kreis Bautzen und betreuende Abgeordnete für den Kreis Görlitz dagegen teilte mit: "Mit KNDS übernimmt ein tarifgebundenes Industrieunternehmen und wird einem großen Teil der Alstom-Beschäftigten eine gute Zukunft bieten." FDP-Bundestagsmitglied Torsten Herbst sieht die Übernahme durch KNDS als ein "positives Signal für die Arbeitsplätze."


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