Kommt Rüstungsunternehmen nach Görlitz?
Der Informationsfluss zum Thema sei mehr als dürftig, wie Alstoms stellvertretender Betriebsratsvorsitzender Toni Menzel gegenüber der Wochenkurier-Redaktion sagt.
Nach MDR-Informationen soll der Verkauf des Alstom-Werkes Görlitz beschlossen sein. Demnach könnte der Verkauf bereits Anfang Februar über die Bühne gehen. Das deutsch-französische Rüstungsunternehmen KNDS ist als Nachfolger im Gespräch. KNDS ging aus dem Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter hervor, zwei der führenden europäischen Hersteller militärischer Landsysteme mit Sitz in Deutschland und Frankreich.
Am Dienstag, den 28. Januar, kann Toni Menzel den Verkauf an KNDS noch nicht bestätigen. Mehr als die Berichte in den Medien seien bislang nicht durchgesickert. "Wir wissen aktuell nur, dass es um Aufträge für die Bundeswehr geht", so der Alstom-Mitarbeiter. Nichstdestotrotz sei "die Stimmung in der Belegschaft nicht sonderlich gut." Käme es zu einem Verkauf, würden "wahrscheinlich nicht alle bisherigen Mitarbeiter übernommen werden." So ist die größte Befürchtung in Görlitz bei den Mitarbeitern die des Arbeitsplatzverlustes - auch wenn es mit KNDS einen Nachfolger geben sollte.
Das französische Unternehmen Alstom hatte im Vorjahr angekündigt, das Werk bis Ende März 2026 zu schließen. Begründet wurde das mit einer Umstrukturierung. Bislang werden in Görlitz Wagenkästen und Baugruppen für Voll-, Stadt- und Straßenbahnen produziert.
Womöglich rückt mit KNDS eine Lösung näher, ist allerdings nicht unumstritten und wird in den sozialen Netzwerken heftig diskutiert. "Wir bauen alle sehr gerne Schienenfahrzeuge", sagt Toni Menzel. Eine Übernahme durch KNDS spiele bei den Mitarbeitern selbstverständlich in den Gesprächen eine Rolle. Im Vordergrund für die Mehrheit der Belegschaft stünde jedoch, dass Industriearbeitsplätze erhalten werden. "Hauptsache Arbeit, so ist die Auffassung der meisten", sagt der Vize-Betriebsratsvorsitzende.
Im Oktober 2024 äußerte sich der Görlitzer Oberbürgermeister, Octavian Ursu, dazu folgendermaßen: "Auch wenn die Nachricht, dass für das Görlitzer Werk bei Alstom kein Platz mehr ist, nicht mehr überraschend kommt, ist sie dennoch ein herber Rückschlag für Görlitz und vor allem für die 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter." Industriearbeitsplätze in der Stadt seien "das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie sind nicht nur ein wichtiger Motor für Wohlstand und Entwicklung, sondern sie stehen auch für die Existenzen vieler Familien." Die Arbeitsplätze zu sichern, habe oberste Priorität, so der Oberbürgermeister.
Der Standort blickt auf eine über 175-jährige Produktionsgeschichte mit wechselnden Eigentümern zurück. Bis 2021 gehörte das Werk - zu DDR-Zeiten der VEB Waggonbau Görlitz - zum kanadischen Bombardier-Konzern, bevor Alstom übernahm. Vor 1990 wurden vor allem Doppelstock- und Weitstreckenwagen produziert. Nach dem Ende der DDR schrieb der Waggonbau weiter Geschichte, die Deutsche Bahn vergab Großaufträge. Die Treuhand verkaufte 1996 zuerst an die Investmentgruppe DWA und in der Folge zwei Jahre später an Bombardier. Ein Traditionsstandort, von dessen Existenz viele Menschen aus Görlitz und dem gesamten Umland abhängig sind. Dazu zählen neben den Mitarbeitern auch Zulieferer und Handwerker, wie Toni Menzel sagt.