Bahnhof Löbau: Im Dach klafft ein großes Loch
Löbau. Putz bröckelt und Scheiben sind eingeschlagen. Die Bauaufsicht des Landkreises ist am Zuge.
"Meine Befürchtung ist, dass der Bahnsteig irgendwann gesperrt wird", sagt Ingo Seiler. Der Löbauer ist Stadtrat bei der Bürgerliste. Fassadenteile drohten durch Eindringen von Feuchtigkeit herunter zu brechen. Der Putz bröckelt bereits, in Richtung Bahnsteig sind Scheiben der historischen Türen eingeschlagen. Wie jetzt bekannt wurde, klafft außerdem im Dach des Löbauer Bahnhofs neuerdings ein etwa drei mal drei Meter großes Loch. Das bestätigt Stadtsprecherin Eva Mentele auf Nachfrage. Das Loch befindet sich nach Angaben der der Sprecherin an der rechten Giebelseite an einer nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Stelle. Vom Bushalteplatz aus ist es nicht zu sehen. Die Problematik wird nun von der Stadt an die Bauaufsicht des Landkreises gemeldet. Die solle entscheiden, welche Maßnahmen ergriffen werden. Für die Fahrgäste gibt es aktuell keine Einschränkungen. Die Busse und Züge fahren weiter.
Der Bahnhof befindet sich nicht im Eigentum der Stadt. Vor zwei Jahren wechselte das imposante Bauwerk den Besitzer. Das Objekt wurde 2023 bei den Sächsischen Grundstücksauktionen für 85.000 Euro von einem Käufer aus Bayern erworben. Seitdem sei nichts mehr damit passiert, wie Ingo Seiler sagt.
Ein Aushängeschild ist das historisch bedeutsame Gebäude schon längst nicht mehr. "Ich kenne den Bahnhof von früher, da gab es eine Gaststätte und mehr im Gebäude", erinnert sich Ines Sommer, die in Löbau in einem Geschäft auf der Sachsenstraße arbeitet. Bei den Kunden sei des öfteren Kritik an der fehlenden Bahnhofstoilette zur Sprache gekommen.
"Es ist sehr schade, dass dieses schöne Gebäude so vor sich hingammelt", findet Björn Ruhland von der Apotheke schräg gegenüber des Bahnhofs. Schön wäre, wenn der Bahnhof in Zukunft wieder genutzt werden könnte. Das sieht auch Stadtrat Seiler so. "Ich hoffe, jemand setzt sich dafür in Zukunft den Hut auf", sagt er.
Im Moment sieht es aber nicht danach aus, dass sich etwas ändert. Vor seiner Versteigerung im Jahr 2023 gehörte der denkmalgeschützte Bahnhof einem privaten Eigentümer aus den alten Bundesländern, der viel mit dem Gebäude vor hatte und nach Angaben des Auktionshauses etwa 300.000 Euro investierte. Diese Summe geht aus dem öffentlich einsehbaren Auktionskatalog hervor. Zu den Investitionen zählten demnach der Einbau von Stahlträgern über die gesamte Länge des Zwischenbaus und im westlichen Teil neue massive Decken. Auch den Westflügel
hatte der Vorbesitzer teilweise saniert, 2021 die WC-Anlage erneuert, Heizungen installiert und Büroräume hergerichtet. Insgesamt sei der Bahnhof bis auf den Westflügel "in einem überwiegenden Rohbauzustand, Schädlings-
befall und Dachschäden sind partiell vorhanden", geht aus dem Versteigerungskatalog hervor. Allumfassender Sanierungs- und Modernisierungsbedarf wurde ebenfalls aufgeführt. Der Kern des Bahnhofs ist geschlossen. Die Zeiten, als da noch Leben im Gebäude war, sind vorbei.
1846 eröffnete der Bahnhof. Er liegt an der zweigleisigen Hauptbahn der Strecke Görlitz - Dresden. Löbau war einst regionaler Eisenbahnknoten mit Anschlüssen an den internationalen Schienenverkehr. Besonderheiten des Bauwerks sind die gußeiserne Trägerkonstruktion der Überdachung und die Bahnhofsuhr im Empirestil über dem Eingangsportal. Viele Löbauer hoffen, dass dieses besondere Bauwerk irgendwann wieder im alten Glanz erstrahlt. "Denn so, wie es jetzt ist, ist dieser Zustand für uns als Stadt eher peinlich", sagt Ingo Seiler.