Bernd Witscherkowsky

Grenzregion kämpft um S-Bahn

Falkenberg. Der »Ostelbien-Express« von der Eisenbahnerstadt in die Messemetropole könnte bald aus dem gewohnten Stunden-Takt kommen - sogar völlig vom Fahrplan verschwinden.

Nicht wenige Kundgebungsteilnehmer, einige auch aus den betroffenen sächsischen Nachbargemeinden Arzberg und Beilrode, kamen demonstrativ mit der s4 nach Falkenberg.

Nicht wenige Kundgebungsteilnehmer, einige auch aus den betroffenen sächsischen Nachbargemeinden Arzberg und Beilrode, kamen demonstrativ mit der s4 nach Falkenberg.

Bild: wit

Geht es nach dem derzeitigen Betreiber der beliebten Pendlerstrecke zwischen Elbe-Elster und dem Sachsenland, dem Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL), soll die S-Bahnlinie 4 zwischen Leipzig und Falkenberg ab 2026 nicht mehr »bedient werden«. Begründung: Hohe Kosten und geringe Auslastung. In Zeiten von Deutschland-Ticket, Klimawandel und vielerorts gepredigter »Entwicklung des ländlichen Raumes«, wohl keine gute Idee, finden besonders die Anrainergemeinden der länderübergreifenden Regionalstrecke. Und so haben deren Volksvertreter, die Bürgermeister von Falkenberg, Herzberg, Beilrode und Arzberg (Sachsen) entschiedenen Widerstand angekündigt.

Startschuss für Proteste

Organisiert von der Chefin der Amtsgemeinde Liebenwerda, Claudia Sieber, fiel am vergangenen Freitag der sprichwörtliche Startschuss für offenbar weitere Protestaktionen. Angekündigt als Pressekonferenz, zog es aber nicht nur Vertreter der medialen Zünfte in das Falkenberger Bahnhofsgebäude, auch einige hundert Betroffene. Für Sieber ein deutliches Zeichen: »Wenn an einem späten Freitagnachmittag und bei winterlichen Temperaturen derart viele Menschen mobilisiert werden können, die allein um den Erhalt ihrer S-Bahnstrecke kämpfen wollen, macht mir das Mut. Ist aber auch ein deutliches Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenn wir nicht alles klaglos hinnehmen«, wie sie sagte. Falkenbergs Bürgermeister Stephan Bawey glaubt zu wissen, weshalb das Thema den Leuten auf der Seele brennt: »Die S4 ist mehr als eine Zugverbindung – sie ist unsere Lebensader. Ihr Erhalt ist entscheidend für die Mobilität der Bürger, die regionale Wirtschaft und die Zukunft unserer Kommunen. Deshalb senden wir ein klares Signal über Landesgrenzen hinweg.« Und tatsächlich würde es der regionalen Mobilität das Rückgrat brechen, verbindet die Strecke doch den ländlichen Raum stündlich mit Metropolen wie Berlin, Leipzig, Dresden, Cottbus und Riesa.

Nicht nachvollziehbar

Unverständnis deshalb auch bei Karsten Eule-Prütz. »Die Streichung der S4 ist für uns alle nicht nachvollziehbar. Seit Jahren kämpfen wir für bessere Verbindungen, auch in Richtung Berlin. Ab 2026 soll es schließlich eine stündliche Verbindung dorthin geben, doch das würde die Erreichbarkeit Leipzigs über Falkenberg verschlechtern. Der Bundeswehrstandort Holzdorf wird massiv ausgebaut – eine gute Verkehrsanbindung unerlässlich. Dass Sachsen seine Region von Berlin und der wachsenden Lausitz abkoppeln will, ist einfach unbegreiflich«, so Herzbergs Bürgermeister. Und was die Begründung des Leipziger Zweckverbandes angeht, hatte auch Brandenburgs Ex-Wirtschaftsminister vor Ort nur ein leichtes Kopfschütteln übrig. Rainer Genilke (CDU) könne nur einen vergleichsweise geringen Spareffekt erkennen, wenn die gerade mal 30 Kilometer lange Zugstrecke gestrichen werden soll, die noch dazu hälftig von Brandenburger Seite mitfinanziert werde. Fazit: Was sich alle jetzt am meisten wünschten, sei eine bessere Kommunikation zwischen Streckenbetreiber und Kommunen, allein um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Bisher habe sich der ZVNL diesbezüglich aber recht bedeckt gehalten.


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