

Fünf Jahre ist das Leitbild der Stadt Hoyerswerda alt, nun, da es erneut zur Diskussion gestellt wurde. Von 2009 an war es zwei Jahre lang unter Beteiligung der Bürger entwickelt und 2011 vom Stadtrat beschlossen worden. „Kunst und Technik“ hatten die Entwickler die acht Bausteine überschrieben. Dieses Leitmotiv sei wohl zeitgebunden gewesen, fasst Moderator Andreas Kaufmann zusammen und nimmt so den Grundgedanken von Dorit Baumeister auf.
Chance der Profilierung
Die Architektin hatte als eine von drei Auserwählten ihre Meinung zum geltenden Leitbild erläutern dürfen. „Wir haben die Besonderheit unserer Stadt nicht erkannt“, kritisiert Baumeister. Die überdimensionale Schrumpfung als besonderes Schicksal sei dem Papier und so auch den Grundideen der Stadtentwicklung nicht eingeschrieben. Dabei läge die Chance genau in der Profilierung als Versuchslabor für ein Problem, das alle Industriestaaten betrifft.
Hoyerswerda könne eine Matrix für das Phänomen Schrumpfung werden. Stadt-
entwicklung sei weniger von Wirtschaftlichkeit als von weichen Standortfaktoren abhängig, so Baumeister. Hoyerswerda habe mit seiner kulturellen Dichte und der Option auf einen völlig neuen dritten Stadtteil am Scheibesee die besten Voraussetzungen, um einer außergewöhnlichen Wohn- und Lebensstadt Beispiel zu geben. Dafür aber müsse der Rückbau gestoppt werden.
Dem stimmt Detlef Degner zu, Seniorenbeirat und ebenfalls von der Stadtverwaltung zu einem Statement gebeten. Degner warnt davor, dem Grußwort „AHOY“ auf dem Cover des Leitbildheftes durch Aufgabe des Kampfes um wirtschaftliche Ansiedlung eine Semantik des Abschieds einzuhauchen.
Klinken putzen gehen
Wirtschaft und Arbeit seien die Voraussetzung für alle weiteren Bausteine des Konzeptes. Um sie zu stärken, müsste die Verwaltung aktiv in die Akquise gehen. Man müsse „Klinken putzen“, nennt das Degner und fordert für den weiteren Prozess eine „Transparenz der Verwaltungsarbeit“ ein. Auch Degner sieht das Leitbild fünf Jahre nach seiner Konstruktion an der Realität vorbei ziehen. Einige Visionen für den Zieleinlauf im Jahr 2025 würden mit Sicherheit Visionen bleiben.
Ausbaufähige Aspekte
Dennoch habe das Papier von 2011 auch ausbaufähige positive Aspekte, betont der dritte Redner Frank Seifert, Geschäftsführer der AVI und Vorsitzender des Gewerberings. Allerdings habe man es versäumt, sich daran zu orientieren und die Schlüsselprojekte auf ihre Wertschöpfungspotenziale zu prüfen. Nur Geschäftszahlen würden in fernen Managerbüros beispielsweise über Gedeih und Verderb von Einkaufszentren entscheiden.
Demnach dürfte Hoyerswerda auf keinen Fall noch kleiner werden. Sonst seien die weichen Standortfaktoren und damit das vermarktungswürdige Produkt „Hoyerswerda“ in Gefahr.
In Zusammenarbeit mit dem Umland könnten Menschen in die Stadt gelockt werden, denen das Wohnen woanders schwer möglich ist. Kleine lokale Wertschöpfungsketten könnten die nötige Kraft entwickeln, meint der Unternehmer.
Kein Ende in Sicht
Diese war in der anschließenden Gruppenarbeit gefragt. Unter Leitung jeweils eines Vertreters der Verwaltung wurde zu drei Themen vom Großen ins Kleine debattiert. Hoyerswerda müsse sich zur attraktiven Wohnstadt entwickeln und als solche bewerben, berichtet Bauamtsleiter Dietmar Wolf aus der „Wohnen und Leben“-Gruppe. Das Leitbild sei zu lang, zu allgemein und unverständlich, resümierte Sozialbürgermeister Thomas Delling für die Gruppe „Senioren und Soziales“. Es müsse Chefsache werden, zitiert Wirtschaftsförderin Franziska Tennhardt aus ihrer Gruppe. Wahrscheinlich für Oktober wird die Stadt das nächste öffentliche Gespräch ansetzen. Die Stadtverwaltung bleibt dran. Die Bürger auch, obschon vielen am Ende unklar ist, wie genau es nun weiter geht.
(Mandy Fürst)