Gerald Svarovsky/kun

Welche Chancen uns die Deutsche Einheit bietet

Lausitz. Ein Kommentar von Prof. Gerald Svarovsky, freiberuflicher Honorarprofessor an verschiedenen staatlichen und privaten Bildungseinrichtungen.

Prof. Gerald Svarovsky

Prof. Gerald Svarovsky

Bild: Privat

Mehr als die Hälfte meines Lebens habe ich nun in der Bundesrepublik Deutschland gelebt. Trotzdem sind mir der erste Tag der Deutschen Einheit am 3. 10. 1990 und die Geschehnisse davor noch allgegenwärtig. Geht es Ihnen auch so? Und warum ist das so?

Ich meine, dass diese immer wiederkehrende Erinnerung etwas mit dem Besonderen dieses Tages zu tun hat. Viele von uns waren aktiv oder passiv dabei, als die Mauer fiel. Viele nutzten die Chance auf einen Neustart. Viele kamen aber auch vollkommen unverschuldet in schwierige Lebenssituationen. Ja, es gab »Gewinner« und »Verlierer« der Deutschen Einheit - zumindest wurden und werden noch heute Menschen so von den Medien und so manchem Zeitgenossen »eingruppiert«. Und tatsächlich gibt es auch heute noch Menschen, bei denen das nicht nur ein Gefühl, sondern gelebte Realität ist.

Andererseits sind fast 35 Jahre aber auch eine lange Zeit. Jeder und jede hat in diesen über 12.000 Tagen auch ausreichend Chancen für eine positive Veränderung angeboten bekommen.

Wenn heute das System der Bundesrepublik von immer mehr Menschen in Frage gestellt wird, dann sollten wir auch an die Zeit um 1990 denken. Wir hatten Träume und Wünsche. Manches konnten wir verwirklichen. Viele Vorstellungen haben sich aber auch als Illusion erwiesen. Aktuell suchen wir wieder nach Veränderungen, nach Verbesserungen des Systems. Ich bin überzeugt davon, dass das nur gut geht, wenn wir gemeinsam Besseres gestalten. Bisher habe ich allerdings weder bei den etablierten Parteien noch bei den sich neu gegründeten Parteien irgendeinen Ansatz gesehen, bei dem ich sicher bin, dass eine neuerliche »Wende« auch gelingt.

Darum ist es vielleicht tatsächlich besser, an die Zeit der Deutschen Einheit zu denken. Wenn wir die überbordende Bürokratie, die sozialen Ungerechtigkeiten und den Neid untereinander abbauen und weiter daran arbeiten, gemeinsam das umzusetzen, was wir am 3. 10. 1990 erträumt haben, dann sollten wir wieder zufrieden in die Zukunft sehen und stolz auf unser Land sein können.

 

»kommentiert:« läuft immer donnerstags, 6.50 und 14.45 Uhr, im LAUSITZWELLE Radio über UKW und DAB+ und als Video auch im LAUSITZWELLE Fernsehen in der Drehscheibe Lausitz. Alle Kommentare sind jederzeit bei www.lausitzwelle.de sowie auf youtube.com/LAUSITZWELLE abrufbar.


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