Jetzt nach vorn schauen
Das Landgericht in Bautzen sah es als erwiesen an, dass der Mann in der Nacht zum 4. August den Brand der Stadtkirche in Großröhrsdorf ursächlich herbeigeführt hat. Dabei entstand ein geschätzter Schaden von 35 Millionen Euro. Ein ursprüngliches Geständnis zog der Angeklagte während des Prozesses zurück. Er gab zwar zu, am Tatort gewesen zu sein, den Brand aber nicht selbst gelegt zu haben. Unbekannte hätten ihm gedroht, seinen Kindern etwas anzutun, wenn er nicht mit einem Benzinkanister zur Kirche käme. Die Geschichte nahm ihm das Gericht jedoch nicht ab und verurteilte ihn. Wie nun bekannt wurde, legt der Anwalt des Angeklagten Revision ein, weshalb das Urteil nicht rechtskräftig ist. Der mutmaßliche Brandstifter bleibt aber weiter in Haft.
Zum Prozess am Landgericht Bautzen sagte Pfarrer Stefan Schwarzenberg: »Mich hat der Prozess natürlich sehr mitgenommen, weil die Tat an sich sehr schwer wiegt. Das hat natürlich noch einmal eine Wunde aufgerissen. Ein Mensch hat ein Gotteshaus vernichtet. Das war bisher außerhalb meines Vorstellungsvermögens. Als Pfarrer einer Kirche, die abgebrannt ist, muss ich das aber aushalten. Uns fehlt unsere Kirche unsäglich. Am Tag des Brandes ist von uns selbst etwas mitgestorben. Wir trauern dabei auch um den kulturellen Verlust.«
Die Kirchgemeinde in Großröhrsdorf schaut nach vorn
Die Kirchgemeinde teilte mit, dass sie den Prozess mit großem Interesse und großer Anteilnahme verfolgt habe. Sie sei erleichtert, dass das Gerichtsverfahren den Tathergang aufklären konnte. »Wir sind dankbar für die akribische und professionelle Ermittlungsarbeit von Kriminalpolizei, Sachverständigen und Staatsanwaltschaft sowie für das Urteil der Richter am Landgericht Bautzen«, teilten Kirchenvorstand Jens Großmann und Pfarrer Stefan Schwarzenberg mit.
Die fast 300 Jahre alte Großröhrsdorfer Stadtkirche war eine der größten und schönsten Barockkirchen der Oberlausitz. Durch den Brand wurde wertvolle Kunstschätze unwiederbringlich zerstört. Dieser Schmerz wird immer bleiben. Die Kirchgemeinde dankt den Einsatz- und Rettungskräften aus der Brandnacht. Sie sei tief berührt von der unglaublichen Hilfe und übergroßen Anteilnahme, welche die Gemeinde seither erfahren durfte. Ebenso danke sie all den Spenderinnen und Spendern. Bisher ist fast eine halbe Million Euro an Spenden eingegangen. Die Kirchgemeinde habe sich nach dem Schock neu zusammengefunden und begonnen, für die die Kirche neue Perspektiven zu suchen.
Nach Monaten der tiefen Trauer und des bitteren Rückblicks schaut die Gemeinde nun nach vorn und überlegt gemeinsam mit der Stadtbevölkerung, wie eine neue Stadtkirche gebaut werden kann. Dem dient auch ein gemeinsamer Gemeindeausflug am 23. März. Dabei sollen mehrere Gemeinden im Raum Dresden, Meißen und Freiberg besucht werden, welche interessante, moderne und gelungene Kirchenräume bieten. Es geht dabei um die Suche nach Anregungen für den Neubau in Großröhrsdorf.
Die nun bekannte gewordene Revision im Verfahren um die Brandstiftung wird die Gemeinde mit Sorge und Interesse gleichermaßen verfolgen. Stefan Schwarzenberg ist zuversichtlich: »Im Rechtsstaat werden die Rechtsmittel von Seiten der Verteidigung ausgeschöpft. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Ich habe die Hoffnung, dass auch nach Überprüfung durch den Bundesgerichtshof das bisherige Urteil Bestand haben wird. Ich habe einen sehr akribisch vorbereiteten Prozess erlebt. Wenn echte Zweifel am Urteil bestehen würden, dann ist es eben gute rechtsstaatliche Praxis, dass diese Zweifel ausgeräumt werden.«