Matthias Stark

Erinnerungskälte im Herrental

Kamenz. Der Förderverein »Gedenkstätte KZ-Außenlager Kamenz-Herrental« kämpft gegen das Vergessen und bittet um Namenspatenschaften.

Vereinsvorsitzender Andreas Koch (l.) und sein Stellvertreter Uwe Hauschild in der Gedenkstätte Herrental in Kamenz.

Vereinsvorsitzender Andreas Koch (l.) und sein Stellvertreter Uwe Hauschild in der Gedenkstätte Herrental in Kamenz.

Bild: Matthias Stark

Es ist sehr kalt im Herrental von Kamenz, und diese Kälte kommt nicht allein vom Winter. Es ist auch die Erinnerungskälte, die den Besucher der Gedenkstätte anweht. Im letzten Kriegsjahr waren hier in einem Außenlager des KZ-Groß Rosen in Niederschlesien über 860 Häftlinge verschiedener Nationalitäten interniert. Etwa die Hälfte der Inhaftierten war nicht älter als 30 Jahre. In der verhältnismäßig kurzen Zeit seines Bestehens kamen im Außenlager Herrental bis zu 200 Menschen ums Leben. Notwendig wurde die Einrichtung, weil das örtliche Arbeitsamt kriegsbedingt nicht mehr die erforderlichen Arbeitskräfte für die Produktion der unter dem Tarnnamen »Elster GmbH« laufendenden Produktionsstätten der Daimler-Benz-AG zur Verfügung stellen konnte.

 

Ein Ort des Verbrechens

 

Andreas Koch, der Vereinsvorsitzende des im Jahr 2008 gegründeten Fördervereins, erklärt: »Vom Oktober 1944 bis Anfang März 45 war dieser Ort Teil der Verbrechen des 2. Weltkrieges durch den deutschen Faschismus und seine Vasallen. Am 8. Mai begehen wir den 80. Jahrestag der Befreiung durch die damalige Sowjetarmee und den Alliierten. Eine Vielzahl gesellschaftlicher Kräfte, die Stadt Kamenz und nicht zuletzt der 2008 gegründet Förderverein unterstützten und realisierten im Zuge der Renaturierung die Um- und Neugestaltung der heutigen Gedenkstätte und deren Einweihung im Juli 2011.« Der Verein hat 17 Mitglieder.

In der Gedenkstätte wird mit Informationstafeln, einem Teil der Außenfassade des Fabrikgebäudes mit den Namen der hier Umgekommenen und dem erhaltenen Schornstein erinnert. Die Lebensverhältnisse im Lager waren von Qualen geprägt. Hohe Arbeitsbelastung, Hunger, schlechte hygienische Verhältnisse, Angst vor und Tyrannei durch das Wachpersonal forderten ihren Tribut. Nach der Wiederinstandsetzung der Kesselanlage wurde diese zur Leichenverbrennung genutzt.

 

Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

 

Andreas Koch sagt: »In den Jahren 2009 und 2010 übernahmen 89 Einzelpersonen, Kirchgemeinden, Unternehmen, Schulklassen des Bildungszentrums und Organisationen Namenspatenschaften verbunden mit einer Spende für die Gestaltung der Gedenkstätte für 139 von 182 auf den Tafeln genannten und in Kamenz umgekommenen Häftlingen. Mit der Nennung der umgekommenen Häftlinge auf den Tafeln wurden sie aus der Anonymität geholt und die Namenspatenschaften sollen dies unterstützen, indem man zum Beispiel an den bekannten Lebensdaten Blumen niederlegt oder auch diesen Ort aufsucht und sich bewusst mit der Vergangenheit bis in die Gegenwart in individueller oder auch kollektiver Form auseinandersetzt.«

Mittlerweile sind von den 89 Namenspaten einige verstorben. Auch gibt es einige Paten-Unternehmen nicht mehr und die Schüler der Klassen haben neue Lebensabschnitte beschritten. Der Förderverein möchte deshalb das Thema Namenspatenschaften wieder aufnehmen und um neue Namenspaten werben, sie zum Dialog am authentischen Ort einladen. Mit den Spenden werden Informationen über die Gedenkstätte und das Schicksal der Häftlinge im Internet veröffentlicht, sodass Angehörige der Häftlinge aus den 21 Nationen die Möglichkeit haben, mittels Namens- und Geburtsdaten den Sterbeort Kamenz zu finden.

Der Vereinsvorsitzende ermuntert: »Bitte übernehmen Sie Namenspatenschaften. Auch für Rückfragen bisheriger Namenpaten, stehen wir gern Rede und Antwort.« Der Kontakt zum Verein ist möglich über 03578/303181 oder koch-kamenz@t-online.de.

Am Montag den 10. März, 16 Uhr findet eine Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Auflösung des KZ-Außenlagers im Kamenzer Herrental statt.


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