Matthias Stark

Die Wunde wird heilen

Großröhrsdorf. Die Vernichtung der Großröhrsdorfer Kirche berührt viele Menschen in der Region und weit darüber hinaus. Der Bürgermeister der Kleinstadt, Stefan Schneider, hatte die Ereignisse mit einem Satz zusammengefasst. »Ich sah unserer Kirche beim Sterben zu.«
Pfarrer Stefan Schwarzenberg mit dem geretteten Altarkreuz aus der Sakristei der Großröhrsdorfer Kirche. Für ihn ist dieses Kreuz das Zeichen für einen Neuanfang. Foto: Matthias Stark

Pfarrer Stefan Schwarzenberg mit dem geretteten Altarkreuz aus der Sakristei der Großröhrsdorfer Kirche. Für ihn ist dieses Kreuz das Zeichen für einen Neuanfang. Foto: Matthias Stark

Für den Pfarrer der Kirchgemeinde, Stefan Schwarzenberg, war es ein Ereignis, dass ihn zunächst fassungslos machte. »Schon am nächsten Morgen haben wir eine Sitzung des Kirchenvorstandes einberufen um zu überlegen, wie wir mit diesem Unglück umgehen«, erzählt Pfarrer Schwarzenberg. »Ich wusste, dass ich jetzt für die Menschen da sein muss.« Am Tag nach der Brandnacht hatte Stefan Schwarzenberg eine Trauerfeier durchzuführen. »Das war schon sehr speziell, neben der noch rauchenden Kirche in der Trauerhalle zu stehen«, berichtet er. »Ein Gottesdienst ist ein lebendiges Geschehen. Meine Aufgabe war es, nach dem Brand die richtigen Worte zu finden. Wir müssen jetzt auch nach vorn schauen.«

Eintausend Gäste bei einer Abendmusik

Der erste Gottesdienst nach dem Brand fand vor etwa 75 Besuchern mit Heiligem Abendmahl in der Kleinröhrsdorfer Kirche statt. Schon da zeichnete sich eine riesige Welle der Solidarität und Spendenbereitschaft ab. »Ich habe versucht, die Gemeinde zu trösten«, sagt Stefan Schwarzenberg. Bei einer Abendmusik mit 140 Bläsern konnten etwa eintausend Menschen begrüßt werden »Es ist für mich und die evangelische Kirche herzbewegend, wie dieses Angebot genutzt wurde. In einer solchen Situation merkt man, dass die Menschen über alle weltanschaulichen Differenzen hinweg näher zusammenrücken. Ich habe mich sehr getragen gefühlt.« Stefan Schwarzenberg ist anzumerken, dass ihn der Brand seiner Kirche noch immer sehr bewegt. Aber sein Blick ist auch in die Zukunft gerichtet.

Für ihn und seine Kirchgemeinde hat ein ganz neuer Alltag begonnen. Der Kirchenvorstand in Großröhrsdorf hat am 23. August beschlossen, dass die Kirche neu aufgebaut wird. »Wir laden die Menschen ein, uns auf dem Weg zu einer neuen Kirche zu begleiten«, sagt Pfarrer Schwarzenberg. »Uns fasziniert, dass uns auch jene, die sich nicht der christlichen Religion zugehörig fühlen, ihre Verbundenheit zeigen. Wir beginnen jetzt in Großröhrsdorf ein neues Kapitel, wir kommen aus dem Tal der Tränen heraus.«

Die Welle der Solidarität ist ungebrochen

Stefan Schwarzenberg sagt: »Ich bin Pfarrer für die ganze Stadt, nicht nur für die Gläubigen, auch für die ›religiös unmusikalischen‹. Dabei fühle ich mich als Brückenbauer. Pfarrer ist man nicht nur für schöne Zeiten, auch das Leid wird mit den Menschen geteilt.« Die Kirche in Großröhrsdorf ist bedeutsam für die Oberlausitz und sie ist identitätsstiftend. Deshalb ist ihr Wiederaufbau für die ganze Region wichtig. Sie ist, wie es Stefan Schwarzenberg ausdrückt, »hoffnungs- und sinnstiftend sowie heimatgebend«. Die Spenden für die Großröhrsdorfer Kirche kommen aus ganz Deutschland. Mittlerweile sind es weit über 240.000 Euro.

»Vergeben heißt nicht vergessen«

Wird man dem Täter, der die Kirche mutwillig angezündet hat, vergeben können? Eine schwierige Frage. Pfarrer Schwarzenberg sagt dazu: »Der christliche Glaube unterscheidet zwischen Täter und Tat. Die schwere Brandstiftung ist eine ganz verwerfliche und nicht wiedergutzumachende Tat. Vergebung aber braucht einen längeren Prozess. Noch fällt es mir unglaublich schwer, über Vergebung nachzudenken. Vielleicht kann man ihm vergeben, wenn er Reue zeigt. Vergeben heißt ja nicht vergessen. Bei Gott hat jeder Mensch, auch wenn er Schlimmes tut, eine zweite Chance.«

In Großröhrsdorf sind in naher Zukunft einige Veranstaltungen zugunsten der Kirchgemeinde geplant. Am 22. September, 19 Uhr, findet in der Drei-Feld-Sporthalle des Sauerbruch-Gymnasiums ein Benefizkonzert statt. Am 30. September, 18 Uhr, kommt das Ostfußball-Traditionsteam zum Benefizspiel gegen eine Rödertal-Auswahl nach Großröhrsdorf.


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