Noch riecht es in den längst verlassenen Klassenräumen nach getrockneten Tafelschwämmen und Paukerschweiß. Nicht mehr lange, wenn die Pläne eines unserer jüngsten Vereine aufgehen.
Schon seit einigen Jahren steht das Hauptgebäude auf dem Uebigauer Schul-Campus leer. Das Dr.-Salvador-Allende-Denkmal wittert vor sich hin, und die Kronen der alten Kastanien haben längst das letzte Stockwerk des Plattenbaus erreicht. Unterricht wird hier wohl nie mehr stattfinden, wenngleich im Gebäude gegenüber ein privater Schulträger gern wieder Kinder und Lehrkörper in die Stadt locken würde, allerdings noch immer auf eine Genehmigung seitens des Bildungsministeriums warten muss.
Idyllische Visionen
Ein Zustand, mit dem sich die 13 Mitglieder des »Anders Zusammen Leben e.V.«, gegründet im Dezember 2020, nicht länger abfinden wollen. Die noch gute Bausubstanz des Gebäudes, eingebunden in einem idyllischen Gesamtensemble, lässt jetzt die einst visionäre Nutzungsidee einiger Architekturstudenten (TU Dresden), so richtig keimen: Vom Klassenzimmer zum Wohnzimmer!
Was heißen soll, dass in die Platte wieder Leben einziehen soll. Mandy Fuhrmann, Chefin des Vereins, dazu: »Das Konzept sieht vor, alleinlebende Personen und Ehepaare mit unterschiedlichen Einkommen, sowie junge Familien und Alleinerziehende samt Kinder unter einem Dach zu vereinen. In jedem Stockwerk könnten schon in absehbarer Zeit bis zu acht bezahlbare Wohnungen entstehen, mit einer Größe zwischen 35 und 95 Quadratmetern«. Dabei soll es kein »Mehrgenerationenhaus mit Übernachtungsmöglichkeit« werden, eher eine völlig neue Wohn- und Lebensform ermöglichen.
Ein Projekt, dem sich auch die ehrenamtliche Bürgermeisterin, Dittgard Hapich, mit viel Herzblut angeschlossen hat. »Wir müssen uns alle im Klaren darüber sein, dass das Wohnen im Alter mit gleichaltrigen oder jüngeren Leuten immer wichtiger werden wird, was besonders für unsere ländlichen Räume gilt. Noch können wir alle auf gute Nachbarschaft und Gemeinschaftsleben zählen, die demografische Entwicklung hingegen spricht schon jetzt eine deutliche Sprache«, so die stellvertretende Vereinsvorsitzende.
Auch Kassenchefin Dr. Dagmar Mangold-König ist begeistert und weiß als Vorsitzende des Seniorenbeirates Uebigau-Wahrenbrück genau wovon sie spricht: »Altern in ländlich geprägten Regionen kann recht einsam machen, besonders wenn irgendwann familiäre und gesellschaftliche Strukturen wegbrechen. Umso wichtiger ist es, frühzeitig gegen zu steuern. Mit dem genossenschaftlichen Klassenzimmer-Projekt könnte uns das recht gut gelingen.« Allein die Finanzierung der Sanierung ist noch nicht in »Sack und Tüten«.
Doch diesbezüglich ist Mandy Fuhrmann, die bereits ein ähnliches Projekt in Nürnberg betreut, recht optimistisch. »Durch die Unterstützung unserer Mitglieder, dem Erschließen alternativer Geldquellen und privater Kredite, könnte der Traum durchaus schon in weniger als fünf Jahren realisiert sein«. Was auch heißen soll, dass solch ein starkes Projekt auch eine starke Mitgliederschafft benötigt.