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Birgit Branczeisz

Ein Haus - ein Tarif!

Dresden. Wird dieser Trend der Nachwende von der Stadt jetzt rückgängig gemacht?
Die Stadtratsfraktion "Die Linke" will die Klinik-Küche wieder zurück zur Stadt holen.

Die Stadtratsfraktion "Die Linke" will die Klinik-Küche wieder zurück zur Stadt holen.

Bild: Branczeisz

Das Wort »Outsourcing« klingt so manchem Arbeitnehmer im Ohr. Die Folgen auch: geringere Bezahlung, mehr Druck, weniger Schutz. Was in den 1990er ein probates Mittel schien, die Kosten zu drücken oder ganz einfach mehr Gewinn zu machen, kommt jetzt zusehends in Verruf. Vor allem im sozialen und medizinischen Bereich. Kein Wunder, immer stärker wird der Ruf an Kommunen, gerade an Krankenhäusern für gesunde Verhältnisse zu sorgen.

In unserem Fall betrifft es die gut 100 Mitarbeiter der Primus Service GmbH, die jeden Tag rund 1.600 Essen für Mitarbeiter und Patienten am städtischen Klinikum zubereiten. Der Primus ist allerdings kein Musterschüler, sondern der nicht tarifgebundene Arm der Malteser. Als die Primus im Juli 2021 die Ausschreibung am Klinikum gewann und die Essensversorgung übernahm, hieß das - Mindestlohn.

Erst nach dem Betriebsübergang vom zuvor tarifgebundenen Anbieter wurde klar, länger Beschäftigte müssen weiter Tariflohn bekommen. Das Ergebnis war für alle misslich: noch weniger Mitarbeiter musste die Arbeit schultern. Romy Grahnert Gewerkschaftssekretärin der Gewerkschaft NGG in der Region Dresden-Chemnitz hält das für die Stadt Dresden für unwürdig. Drei Jahre hat es gedauert, den Arbeitgeber im März endlich an den Verhandlungstisch zu bringen. Erst ein Streik war nötig.

Besonders makaber ist, dass die Beschäftigten nicht einmal sicher sind, was diese Runde bringt. Sollte in zwei Jahren der nächste Billiganbieter die Ausschreibung gewinnen, müssen sich die Mitarbeiter wieder von vorn organisieren und alles Ziehen und Zerren beginnt erneut.

Die Caféteria war plötzlich zu

Denn bislang war es stets so, dass Töpfe, Teller und Mitarbeiter blieben – und der Betreiber wechselte. Das Fass zum Überlaufen brachte allerdings die Schließung der Cafeteria am Weißen Hirsch und in Löbtau. Da standen nicht nur die Mitarbeiter komplett ohne Versorgungsangebot da, sondern auch die Patienten, die mal einen Kaffee und ein Stück Kuchen wollten.

Inzwischen ist zwar wieder offen, aber stark verkürzt und manche Woche gar nicht. Für Dorit Hollasky von der Verdi-Betriebsgruppe des städtischen Klinikums Dresden, die selbst am Weißen Hirsch arbeitet, ein unhaltbarer Zustand. Das alles hat dazu geführt, dass die Mitarbeiter und die Fraktion »Die Linke« im Dresdner Stadtrat fordern werden, den Speiseversorger wieder ins Haus zurück zu holen. »Ein Haus, ein Tarif« – lautet die Ansage.

Das würde dem Klinikum und damit der Stadt auch die Kontrolle ermöglichen. 84 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland bieten das Essen übrigens selbst an, in Oschatz wurde kürzlich genau diese Nachwende-Rolle rückwärts gemacht – die Outgesourcten wurde wieder ingesourct. Ob das für die Patienten teurer würde? »Nein«, sagt Gewerkschafterin Romy Grahnert. Schließlich könne die Stadt die Gewinne in die Mitarbeiter und die Essensqualität lenken. Mal sehen was die anderen Fraktionen im Stadtrat zu diesem Antrag der Linken sagen.


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